Die Vereinten Nationen (UN), die EU und Japan riefen am Sonntag zu Mässigung auf und verlangten Verhandlungen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich tief besorgt: «Das Risiko wächst, dass dieser Konflikt schnell ausser Kontrolle gerät.» EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte, Stabilität in der Region müsse oberstes Ziel sein und das internationale Recht beachtet werden: «Jetzt ist der Moment für den Iran zu einer glaubwürdigen, diplomatischen Lösung zu kommen.»

Die USA hatten erstmals in den kürzlich aufgeflammten Konflikt Israels mit dem Iran eingegriffen und in der Nacht zu Sonntag wichtige Atomanlagen der Islamischen Republik attackiert. Präsident Donald Trump sagte in einer Ansprache im Weissen Haus, die Anlagen seien «komplett ausgelöscht» worden. Es sei das Ziel gewesen, die nukleare Bedrohung durch den Iran zu stoppen. «Entweder wird es Frieden geben oder es wird eine Tragödie für den Iran geben, die weitaus grösser sein wird, als wir es in den vergangenen acht Tagen erlebt haben.»

Trump zufolge wurden die Anlagen Fordow, Natans und Isfahan ins Visier genommen. Im Sender Fox News sagte er, die teilweise unterirdischen Anlagen in Fordow seien mit sechs bunkerbrechenden Bomben getroffen worden. Marschflugkörper vom Typ Tomahawk seien bei den anderen Atomkomplexen zum Einsatz gekommen.

Im Iran wurden grosse Schäden für das Nuklearprogramm durch die Bomben in Abrede gestellt. Die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) erklärte, sie habe keine Anzeichen für erhöhte Strahlungswerte nach den US-Angriffen. Die Behörde lud aber für Montag zu einer Dringlichkeitssitzung ein.

Iran reagiert mit scharfen Worten

Der Iran verurteilte den Einsatz als Verstoss gegen internationales Recht und beantragte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Der iranische Aussenminister Abbas Araghtschi reagierte mit scharfen Worten auf die US-Angriffe. Sein Land behalte sich alle Optionen für seine Selbstverteidigung vor, erklärte Araghtschi auf X. Die amerikanischen Angriffe seien «empörend». Der Minister drohte damit, dass die Attacken «dauerhafte Konsequenzen» haben würden

Die israelische Regierung hingegen dankte Trump für den Angriff. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte Trumps Entscheidung als mutig. Trump verweigere dem gefährlichsten Regime der Welt die gefährlichsten Waffen und ändere so den Lauf der Geschichte, sagte der Regierungschef.

Wenige Stunden nach dem US-Angriff wurde Israel erneut zum Ziel iranischer Raketen. Bei mehreren Einschlägen, unter anderem in Haifa und Tel Aviv, wurden über 80 Menschen verletzt. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen reagierten mit Drohungen auf die US-Angriffe. Eine Antwort der Huthis sei nur eine Frage der Zeit, erklärte Mohammed al-Buchaiti, ein Vertreter der politischen Huthi-Führung, dem TV-Sender Al Dschasira Mubascher. Eine mit den USA vereinbarte Waffenruhe sei aus der Zeit vor dem «Krieg» gegen den Iran.

Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen wurde die Bundesregierung kurz nach den Angriffen von den USA informiert. Am Sonntagmorgen tagte daraufhin nicht nur das Sicherheitskabinett. Kanzler Merz stimmte sich auch mit dem französischen Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer ab. Die Europäer hatten lange versucht, im Konflikt um das Atomprogramm des Iran zu vermitteln. Der Streit um das iranische Atomprogramm schwelt seit Jahrzehnten. Der Westen wirft der Teheraner Führung vor, unter dem Vorwand der zivilen Nutzung von Atomenergie nach Nuklearwaffen zu streben. Der Iran weist dies zurück.

Der Konflikt zwischen dem Iran und Israel war Ende vergangener Woche eskaliert. Seitdem liefen gegenseitige Angriffe, bei denen nach Angaben der jeweiligen Regierungen im Iran Hunderte und in Israel etwa zwei Dutzend Menschen starben. Im Iran wurden mehrere hochrangige Militärs sowie Atomwissenschaftler getötet.

(Reuters)