Parteichef Olivier Faure forderte am Mittwoch vor einem Gespräch mit dem Regierungschef «ein Ende der drastischen Budgetkürzungen, eine gerechte Beteiligung der Reichsten und eine Stärkung der Kaufkraft». Nach der Zusammenkunft erklärte Faure, Sébastien Lecornu habe keine Zusagen gemacht. «Wir werden sehen, was er in den kommenden Tagen sagt», sagte Faure. «Wenn er nicht bereit ist, uns zuzuhören, werden wir ihm das Misstrauen aussprechen.»

Die Sozialisten verlangen von Lecornu ein klares Bekenntnis zur Übernahme zentraler Vorschläge für den Haushalt 2026. Dazu gehören die Rücknahme von Präsident Emmanuel Macrons unpopulärer Rentenreform, die Einführung einer neuen Vermögensteuer und die Halbierung der von Lecornus Vorgänger François Bayrou vorgeschlagenen Einsparungen. Bayrou war über seinen Plan für Kürzungen in Höhe von 44 Milliarden Euro gestürzt.

Frankreich steht unter Druck. Das Haushaltsdefizit ist fast doppelt so hoch wie die EU-Obergrenze von drei Prozent. Der Schuldenberg hat sich inzwischen auf 114 Prozent der Wirtschaftsleistung aufgetürmt. Die US-Ratingagentur Fitch bewertet die Kreditwürdigkeit von Frankreich wegen der politischen Krise und steigender Schulden so schlecht wie noch nie. Sie hatte am Freitag ihre Bonitätsnote für die zweitgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone auf A+ von zuvor AA- gesenkt.

Landesweite Proteste geplant

Die Sozialisten befinden sich in einem Dilemma. Einer Umfrage des Instituts IFOP zufolge unterstützen 86 Prozent der Franzosen eine neue Vermögensteuer und 66 Prozent eine Aussetzung der Rentenreform. Sollten die Sozialisten ihre Forderungen jedoch zu hart durchsetzen, könnte sich die politische Krise verschärfen. Dies könnte Macron zu Neuwahlen zwingen – ein Szenario, das Umfragen zufolge für die Linke ungünstig ausfallen würde. Der sozialistische Abgeordnete Philippe Brun signalisierte Kompromissbereitschaft. So schlug er vor, Start-ups wie das französische KI-Unternehmen Mistral AI von der geplanten Vermögensteuer auszunehmen.

Lecornu, ein enger Vertrauter des Präsidenten, wurde vergangene Woche zu Macrons fünftem Regierungschef in weniger als zwei Jahren ernannt. Zuvor hatte das Parlament Bayrou das Vertrauen entzogen. Lecornu muss nun versuchen, Macrons politisches Erbe zu wahren und gleichzeitig die konservativen Republikaner (LR) bei der Stange zu halten. Unterdessen planen Gewerkschaften und linke Gruppen für Donnerstag landesweite Proteste. Einem Sprecher des Innenministeriums zufolge werden bis zu 800.000 Teilnehmer erwartet, die gegen die Sparpläne und für höhere Löhne, bessere Renten und öffentliche Dienstleistungen demonstrieren wollen.

(Reuters)