Indikatoren am Optionsmarkt zeichnen für den Euro ein zunehmend negatives Bild, und Anleger bezahlen dafür, sich gegen einen weiteren Abstieg der Gemeinschaftswährung gegenüber dem anhaltend starken Dollar abzusichern. Der Euro ist diese Woche unter Druck geraten, obwohl sich die Risikostimmung an den Märkten verbesserte. Das signalisiert, dass sein Wechselkurs unabhängig von den Entwicklungen rund um das Coronavirus weiter nachgeben könnte.

“Der Euro ist derzeit sowohl in einem risikofreudigen als auch in einem risikoaversen Umfeld einem leichten Abwärtstrend unterworfen”, sagte Neil Jones, Leiter Devisenhandel mit Finanzinstituten bei Mizuho Bank Ltd. ”Der Euro leidet in einem Risk-on-Umfeld und im Zuge der Jagd nach Rendite aufgrund seiner Funktion als Finanzierungswährung, während in Zeiten der Risikoaversion sich der Greenback als sicherer Hafen besser zu entwickeln scheint.”

Eigentlich prognostizierten Devisenstrategen für den Euro in diesem Jahr eine Erholung. Stattdessen ist sein Kurs aber um mehr als 3% auf rund 1,084 Dollar gefallen. Nach Einschätzung von Danske Bank A/S könnte sein Hoch vom 1. Januar über 1,12 Dollar den Gipfel des Jahres 2020 darstellen, von dem aus es weiter bergab geht - auf neue Tiefständen, die noch bevorstehen.

Kaum Faktoren, die Euro stützen

Händler gehen kein Risiko ein. Der Depository Trust & Clearing Corporation zufolge hat die Nachfrage nach Verkaufsoptionen für den Euro zugenommen, die auszahlen, wenn der Kurs unter 1,08 Dollar fallen sollte. Diese Optionen machen ein Viertel des gesamten Nominalwerts der in diesem Monat gehandelten Euro-Standard-Puts aus, und 5% zielen auf einen noch tieferen Rutsch auf 1,05 Dollar ab.

Es scheint kaum Faktoren zu geben, die den Euro stützten könnten. Denn eine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank liegt noch in weiter Ferne und die Konjunkturdaten aus dem Euroraum können nicht so recht für eine positive Dynamik sorgen. Auch Haushaltsimpulse werden so schnell nicht erwartet, und zuletzt bebte es auf politischer Ebene.

“Viele hatten gehofft, dass Europa an Fahrt gewinnen und die US-Entwicklung übertreffen würde”, sagte Lars Merklin, Stratege der Danske Bank. “Doch diese Hoffnung auf eine Outperformance Europas (und der Schwellenländer) gegenüber den USA verlief im Sande, und nun steht die Umschichtung von Positionen in Euro-Dollar-Shorts auf der Tagesordnung.”

Noch sechs Monate Euro-Schwäche?

Hedgefonds gehören zu den Hauptakteuren, die den Euro über Optionen verkaufen, wie drei Händler in Europa sagten, die anonym bleiben wollten. Einige Fondsmanager seien dem Trend ebenfalls gefolgt und gehen davon aus, dass diese Entwicklung sechs Monate lang anhalten wird.

Nicht alle europäischen Banken sehen ein Verkaufsinteresse. Ein in Grossbritannien ansässiger Händler merkte an, dass die Positionierungen über Optionen gegenüber einem stärkeren Dollar keineswegs überzogen seien. Der Druck am Kassamarkt kommt demnach grösstenteils von Konten in den USA. Die Gemeinschaftswährung sehe zwar günstig aus, scheine für die Strategen von Credit Agricole SA aber noch kein Kauf zu sein.

Der Druck ist teilweise auch darauf zurückzuführen, dass Anleger zunehmend billige Kredite im Euro aufnehmen, um anderswo zu investieren. Alle von Bloomberg erfassten Schwellenländer-Währungen weisen in diesem Monat Carry-Erträge gegenüber dem Euro auf - eine noch bessere Performance als im vergangenen Jahr.

Spiel mit Shorts

Charttechnisch betrachtet könnte ein Durchbruch der Spanne von 1,0728 Dollar bis 1,0821 Dollar - verzeichnet nach den Parlamentswahlen in Frankreich im April 2017 - neue Verkaufsdynamik erzeugen. Eine Erholung über den gleitenden 21-Tagesdurchschnitt von derzeit 1,1017 Dollar wäre dagegen ein erstes Signal dafür, dass der Euro einen kurzfristigen Tiefpunkt markiert hat.

Devisenhändler am Kassamarkt würden auf eine mögliche Korrektur der europäischen Gemeinschaftswährung warten, vorzugsweise bei 1,10 Dollar, bevor sie weitere Short-Positionen aufbauen, sagten Händler.

Jones von Mizuho zufolge verleihen zugrunde liegende strukturelle Kräfte dem Euro zusätzliche Abwärtsdynamik. “Es scheint tatsächlich eine neue Nachfrage zu sein für Strikes bis runter in den Bereich um 1,05 Dollar.”

(Bloomberg)