Einige Beobachter und Beteiligte verweisen auf das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Damals waren Aktienkurse auf breiter Front abgestürzt, nachdem sich die hoch gesteckten Erwartungen von Anlegern in damalige Technologieunternehmen nicht erfüllt hatten. Einer Umfrage der Bank of America (BofA Global Research) unter Fondsmanagern zufolge sehen 54 Prozent eine Spekulationsblase in der KI-Branche, während 38 Prozent das verneinen. Nachfolgend eine Übersicht von Einschätzungen von Branchenvertretern, Ökonomen und Analysten:

Bank of England: Die britische Zentralbank erklärte am 08. Oktober, die globalen Märkte könnten einbrechen, wenn sich die Investorenstimmung hinsichtlich der Aussichten für KI eintrübe. «Das Risiko einer scharfen Marktkorrektur hat zugenommen», erklärte der Ausschuss für Finanzpolitik der BoE. Das Risiko von Ausstrahleffekten eines solchen Schocks auf das britische Finanzsystem sei «materiell». Das ist die bisher schärfste Warnung dieses Gremiums vor Gefahren der KI-Euphorie.

Bryan Yeo, Investment-Chef des singapurischen Staatsfonds GIC: «Im Bereich der Frühphasen-Risikokapitalfinanzierung gibt es eine kleine Hype-Blase», sagte Yeo am 03. Oktober auf dem Milken Institute Asia Summit. «Jedes Startup mit einem KI-Label wird sofort hoch bewertet, mit riesigen Multiplikatoren auf den Umsatz, egal wie gering er ist. Das mag bei einigen Unternehmen angemessen sein und bei anderen wahrscheinlich nicht.»

Jeff Bezos, Gründer und Verwaltungsratschef von Amazon: «Wenn die Leute so begeistert sind wie zum Beispiel heutzutage über Künstliche Intelligenz, dann wird jedes Experiment finanziert. Und inmitten dieser Begeisterung haben es Investoren schwer, zwischen den guten Ideen und den schlechten Ideen zu unterscheiden», sagte Bezos am 03. Oktober auf der Italian Tech Week. «Eine Blase wie eine Bankenblase, eine Krise im Bankensystem, ist einfach nur schlecht. Aber die Blasen, die technologiebedingt sind, sind bei weitem nicht so schlimm. Sie können sogar gut sein. Denn wenn sich der Staub legt und man sieht, wer die Gewinner sind, profitiert die Gesellschaft von diesen Erfindungen.»

Joseph Briggs, Ökonom bei Goldman Sachs' Global Economics Research: Die Flut milliardenschwerer Investitionen in die US-Infrastruktur für Künstliche Intelligenz sei nachhaltig, schrieb Briggs in einer Analyse vom 16. Oktober. Damit trat er wachsenden Sorgen entgegen, die Investitionsfreude in der Branche könne zu einer Überhitzung führen. Er erklärte, die gesamtwirtschaftlichen Argumente für KI-Investitionen blieben stark. Jedoch warnte er, es sei weniger klar, wer am Ende die Gewinner bei KI seien. Schneller technologischer Wandel und geringe Kosten eines Wechsels zu anderen KI-Lösungen könnten die Vorteile der Branchenpioniere schmälern.

Morten Wierod, Chef des Technologiekonzerns ABB: «Ich glaube nicht, dass es eine Blase gibt. Aber wir sehen einige Engpässe bei den Aufbaukapazitäten, die nicht mit all den neuen Investitionen Schritt halten», sagte Wierod am 16. Oktober der Nachrichtenagentur Reuters. «Wir sprechen über Billionen an Investitionen», sagte er und fügte hinzu: «Die Umsetzung wird einige Jahre dauern, weil es nicht genug Leute und Ressourcen gibt, um all das aufzubauen.»

Pierre-Olivier Gourinchas, Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF): Dem Boom bei Investitionen in KI in den USA könne ein Knall wie bei der Dotcom-Blase folgen, erklärte Gourinchas am 14. Oktober. Allerdings sei es wenig wahrscheinlich, dass dies ein systemisches Ereignis sein würde, das die US- oder Weltwirtschaft zum Absturz bringen könnte. «Dies wird nicht durch Schulden finanziert, und das bedeutet, dass bei einer Marktkorrektur lediglich einige Anteilseigner Verluste erleiden könnten.»

Sam Altman, Chef von OpenAI: «Befinden wir uns in einer Phase, in der die Anleger insgesamt übermässig begeistert von KI sind? Meine Antwort ist: Ja», sagte Altman im August dem Tech-Medium «The Verge». «Irgendjemand wird phänomenal viel Geld verlieren. Wir wissen nicht, wer. Und viele Leute werden phänomenal viel Geld verdienen.»

UBS: Einerseits hätten viele Anleger den Eindruck, dass sich bereits eine KI-Blase gebildet habe, erklärten Aktienstrategen der UBS am 14. Oktober. Andererseits hielten fast ebenso viele Anleger an ihren Investitionen in diesem Sektor fest. «Die meisten hatten den Eindruck, wir befänden uns in einer KI-Blase, aber weit entfernt vom Endstadium. Daher gaben rund 90 Prozent derjenigen, die von einer Blase sprachen, an, dass sie weiterhin in viele KI-bezogene Bereiche investiert seien.»

(Reuters)