In den USA ist die Inflation im November weniger hoch ausgefallen als erwartet. Die Verbraucherpreise stiegen um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Volkswirte hatten mit 3,1 Prozent gerechnet. In ersten Reaktionen hiess es dazu:

Bastian Hepperle, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank:

«Ein Grossteil der Oktober-Daten konnte wegen des Shutdowns nicht erhoben werden. Deshalb lässt sich die monatliche Preisdynamik nicht beurteilen. Das ist ein Makel, mit dem der Analyst leben muss. Der Rückgang der Inflationsrate von 3,0 auf 2,7 Prozent überrascht und weckt Zweifel an der Statistik. Er würde einen monatlichen Inflationsrückgang implizieren, das ist wenig wahrscheinlich. Alles in allem ist die Jahresteuerungsrate zu hoch. In den kommenden Monaten wird die Inflationsrate weiter deutlich über dem Zwei-Prozent-Zielwert der Fed liegen. Unternehmen und Einzelhändler werden die Zollkosten auf die Preise umlegen. Dieser Überwälzungsprozess hält mindestens bis zum Frühjahr 2026 an. Das trifft vor allem Privathaushalte mit geringerem Einkommen, die über wenig oder keine Ersparnisse verfügen oder deren Löhne nicht mitwachsen. Bis zum nächsten Fed-Zinsentscheid im Januar gibt es noch einen frischen, vollständigen Datensatz. Es sieht derzeit danach aus, dass die Fed erst im März den Leitzins weiter senken wird.»

Ralf Umlauf, Helaba:

«Die Inflation sinkt überraschend deutlich unter drei Prozent. Sie hat die Konsensschätzung klar unterschritten. Weiterhin ist zwar die Zielverfehlung deutlich. Auch die Kernpreise weisen eine Jahresrate klar oberhalb des Fed-Ziels auf. Gleichwohl werden die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed im kommenden Jahr wohl eher noch unterstützt.»

Ulrich Kater, Chefvolkswirt Dekabank:

«Die EZB kann zufrieden sein: Die Inflation ist wieder gezähmt, die Leitzinsen sind wieder da, wo sie Wirtschaft und Häuslebauer nicht bremsen. So könnte es das ganze nächste Jahr über bleiben, denn die Gründe für weitere Zinssenkungen wie für Zinserhöhungen halten sich ziemlich genau die Waage.»

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:

«Auf der heutigen Pressekonferenz wiederholte EZB-Präsidentin Christine Lagarde die übliche Aussage, dass sich die EZB mit der gegenwärtigen Ausrichtung ihrer Geldpolitik wohlfühle. Dennoch stützen die angehobenen EZB-Prognosen für das Wirtschaftswachstum und die Kerninflation die Prognose der Finanzmärkte, dass die EZB ihre Leitzinsen Ende 2027 wieder anhebt. Wir gehen stattdessen weiter von unveränderten Leitzinsen aus. Die Staaten sind nämlich sehr hoch verschuldet, und die EZB-Ratsmitglieder sind deshalb mit Zinserhöhungen äusserst zurückhaltend.»

Klaus Bauknecht, IKB Deutsche Industriebank:

«Die EZB-Prognosen deuten auf eine längere Phase neutraler und damit unveränderter Geldpolitik hin; dies wurde heute durch EZB-Kommentare bestätigt. Allerdings bleibt das Prognoserisiko erhöht. Wichtige Treiber der Inflationsentwicklung sind weiterhin die Importpreise, die dank China für deflationäre Impulse sorgen. Insgesamt erwartet die IKB 2026 eine neutrale geldpolitische Ausrichtung der EZB mit einem unveränderten Einlagenzins von 2 Prozent.»

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

«Vorerst sind weitere Zinssenkungen vom Tisch. Der hartnäckige Anstieg der Dienstleistungspreise macht weiteren geldpolitischen Lockerungen vorerst einen Strich durch die Rechnung. Vermutlich wird die EZB im gesamten Jahr 2026 ihre Zinsen unverändert lassen.»

(Reuters)