Sinkende Energiepreise haben die Inflationsrate im November spürbar gedrückt. Die Verbraucher mussten für Waren und Dienstleistungen durchschnittlich 3,2 Prozent mehr bezahlen als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Im Oktober hatte die Teuerungsrate noch 3,8 Prozent betragen. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten für November mit 3,5 Prozent gerechnet. Sie sagten in ersten Reaktionen:

Sebastian Dullien, Wissenschaftlicher Direktor des IMK:

«Die deutsche Inflation ist im November weiter spürbar zurückgegangen. Ebenfalls gefallen ist die sogenannte Kernrate, also die Teuerung ohne Energie und Nahrungsmittel. Deutschland macht damit erneut deutliche Fortschritte in der Inflationsbekämpfung. Die aktuelle Entwicklung ist ausserdem ein weiteres Indiz, dass die Interpretation der aktuellen Inflation als einer durch externe Preisschocks vor allem bei Energie ausgelösten Teuerung richtig war. Im Preisanstieg folgte die Inflation entlang der Wertschöpfungskette den Energiepreisen nach oben, jetzt folgt die Inflation anderer Güter den Energiepreisen nach unten.»

Friedrich Heinemann, ZEW-Ökonom:

«Der November-Wert liegt mit 3,2 Prozent jetzt bereits weit unter dem Inflationsmaximum von knapp neun Prozent zu Jahresbeginn. Allerdings verzerrt der Vergleich zu dieser Hochinflation die Perspektive. 3,2 Prozent sind immer noch eine klare Verfehlung des EZB-Zielwerts, und die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel beträgt noch fast vier Prozent. Nicht übersehen werden dürfen auch die inflationsbedingten Kaufkraftverluste, die sich jetzt bereits über drei Jahre aufaddieren. Und diese Kaufkraftverluste sorgen für massiven Druck in den Tarifverhandlungen von Bahn über den öffentlichen Dienst bis hin zur Industrie. Von daher kommt jetzt die Phase der lohngetriebenen Inflation. Bis zur Preisstabilität ist es bei allen Fortschritten noch ein weiter Weg.»

Ralph Solveen, Commerzbank:

«Gute Nachrichten vom Statistischen Bundesamt: Nach seiner ersten Schätzung ist die Inflationsrate in Deutschland im November erneut deutlich gefallen. Mit 3,2 Prozent lag sie zwar immer noch klar über dem Ziel der EZB von zwei Prozent, aber deutlich unter dem Oktober-Wert von 3,8 Prozent und natürlich noch deutlicher unter ihrem im Herbst des vergangenen Jahres erreichten Hochpunkt von fast neun Prozent.

Alexander Krüger, Chefvolkswirt Hauck Aufhäuser Lampe: 

«Die Inflationsrate fällt wie erwartet, die Richtung stimmt. Von hier aus wird der weitere Inflationsrückgang allerdings beschwerlich. Wegen eines Basiseffekts wird die Inflationsrate um den Jahreswechsel vorübergehend sogar steigen. Ein preisstabiles Umfeld bleibt noch für längere Zeit ausser Sicht. Die EZB wird die Zinszügel daher weiter fest in der Hand halten.«

Michael Heise, Chefökonom HQ Trust:

«Die im November auf 3,2 Prozent gesunkene Teuerungsrate gegenüber dem Vorjahr ist zu einem erheblichen Teil rückläufigen Energiepreisen zu verdanken. Tiefer wird es bei der Inflationsrate in diesem Jahr nicht mehr gehen. Schon im Dezember ist mit einem deutlichen Wiederanstieg in Richtung vier Prozent zu rechnen, da es anders als 2022 keine Dezember-Soforthilfe mehr gibt, die die Energiepreise für die Verbraucher ermässigt hatte."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank: 

«Im Dezember wird sich der Inflationsrückgang tatsächlich aber als schwieriger erweisen. Im Dezember 2022 sind die Ölpreise deutlich gefallen, was einen Teuerungsrückgang diesen Dezember schwieriger gestaltet. Dies ändert aber aus unserer Sicht nichts daran, dass sich der Preisrückgang im kommenden Jahr weiter fortsetzen wird. Basiseffekten im Lebensmittelbereich halten an. Im ersten Quartal 2023 sind Lebensmittelpreise um mehr als 20% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Auch die Preise für langlebige Haushaltsgüter werden entweder nur noch schwach im Preis zulegen oder sogar effektiv günstiger sein. Gerade weil die Inflationsraten weiter im Rückwärtsgang bleiben werden, eröffnet sich der EZB ab der Jahresmitte 2024 deutliches Zinssenkungspotenzial.»

(Reuters/cash)