Lange galt ein Euro-Franken-Kurs von 1,08 als inoffizielle Kursuntergrenze. Inoffiziell deshalb, weil dies von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nie bestätigt wurde, der Euro aber diese Grenze auch nie unterschritten hatte.

Doch inzwischen ist diese Grenze wohl passé, wie ein Blick auf die Euro-Franken-Kurs-Entwicklung zeigt:

Euro-Franken-Kurs seit Februar 2016, Quelle: cash.ch

Betrachtet man die letzten 52 Wochen, so ist der Franken zum Euro um über 4 Prozent erstarkt. Ziemlich genau seit November 2016 - dem Monat, als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde - ist der Euro-Franken-Kurs unter 1,08 gerutscht. Seit fünf Tagen steckt dieser nun gar bei Werten unter 1,07 fest - mit einem aktuellen Euro-Kurs bei 1,068 Franken (Stand Mittwochmittag).

Wieso legt der Franken immer weiter zu? "Der Euro-Franken-Kurs von unter 1,07 kam nicht überraschend. Wenn der Dollar stärker wird, lässt die SNB eine Aufwertung des Frankens zum Euro zu", sagt David Marmet, Devisenexperte der Zürcher Kantonalbank (ZKB), auf cash-Anfrage.

Nationalbank betrachtet Währungsbündel

Marmet spricht damit die wahrscheinliche neue SNB-Politik an, welche Mitte Dezember an der vierteljährlich stattfindenden geldpolitischen Lagebeurteilung  zumindest angedeutet wurde. Neu war im Presse-Communiqué zu lesen, dass die Nationalbank bei möglichen Interventionen "die gesamte Währungssituation" berücksichtige. Sprich, die SNB fixiert sich nicht mehr ausschliesslich auf den Eurokurs. Gemäss einer Studie der UBS gewichtet die SNB seither den Euro-Franken-Kurs mit 70 Prozent, aber eben neu auch den Dollar-Franken-Kurs mit 30 Prozent.

So kann die SNB einen zum Euro stärkeren Franken tolerieren, wenn gleichzeitig der Dollar zum Franken zulegen kann. Experten der UBS rechnen vor, dass die SNB bei einem Dollarkurs von 1,05 Franken einen Eurokurs von 1,05 zulassen könnte. Steigt der Dollar gar auf 1,10 Franken, könnte die SNB gar mit einem Eurokurs von 1,03 leben. Nur: In diesem Jahr ist der Franken zum Dollar um fast 3 Prozent und zum Euro um 0,4 Prozent stärker geworden. Das widerspricht eigentlich dieser Theorie.

Doch Marmet hat dafür eine Erklärung parat: "Die SNB hält den langfristigen Trend im Auge", so der ZKB-Devisenexperte. Und dieser Trend deute auf einen stärkeren Dollar hin. "Wir gehen von drei Zinserhöhungen der Fed in diesem Jahr aus, was den Dollar wieder stärker machen dürfte. Diese Schritte sind noch nicht komplett eingepreist."

Exportindustrie noch nicht aus dem Schneider

Konkret sieht die ZKB den Dollar-Franken-Kurs auf Jahressicht auf 1,05 steigen - gegenwärtig ist er bei 0,99.  Ein stärkerer Dollar würde der SNB erlauben, eine weitere Aufwertung des Frankens zum Euro zu tolerieren. So sieht die Kantonalbank den Euro-Franken-Kurs in 12 Monaten bei 1,04. 

Andere Experten glauben jedoch nicht an einen noch weiter aufwertenden Franken. Die Raiffeisen prognostiziert auf 12 Monate einen Euro-Franken-Kurs von 1,08, während die Credit Suisse gar von 1,09 ausgeht.

Stimmen die Voraussagen der ZKB, würde der Schweiz ein noch stärkerer Franken zum Euro blühen, was der Exportindustrie zusätzliche Kopfschmerzen bereiten dürfte. Zumal die Eurozone mit einem Exportanteil von ungefähr 44 Prozent der wichtigste Handelspartner der Schweiz ist. An zweiter Stelle folgen aber bereits die USA (Anteil 15 Prozent), wo ein stärkerer Dollar für Schweizer Exportfirmen hilfreich sein würde.