Der Dollar schwächelt. Nach einem Zwischenhoch Ende 2022 hat die Leitwährung der globalen Wirtschaft gegenüber dem Franken zuletzt deutlich nachgelassen. Aktuell müssen für einen 1 Dollar noch 90 Rappen gezahlt werden.

Der Franken dürfte gegenüber dem «Greenback» weiter zulegen. Laut Prognosen der UBS Schweiz wird der Dollar Ende Jahr noch gegen 84 Rappen wert sein.

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Quelle: Blick.ch

UBS-Chefökonom Daniel Kalt: "Zum einen war die Inflation in den USA seit der Pandemie massiv höher als in der Schweiz, was dazu führte, dass der faire Wert – also die Kaufkraftparität – im Wechselkurs Dollar/Franken heute bei unter 80 Rappen liegt."

Zudem könnten die Bankenkrise und eine mögliche harte Landung der US-Wirtschaft die US-Zentralbank Fed dazu zwingen, die Zinsen gegen Ende Jahr zu senken, was den US-Dollar auch belastet. Kalt geht davon aus, dass die Dollarschwäche über das Jahresende 2023 hinaus anhalten wird.

Damit stellt sich die Frage: Was bedeutet das für die Schweizer Wirtschaft?

Jubel und Trübsal im Tourismus

Ein hoher Frankenkurs ist für den Tourismus innerhalb der Schweiz problematisch, da dieser die Schweiz-Ferien für ausländische Gäste verteuert. André Aschwanden, Sprecher der Vermarktungsorganisation Schweiz Tourismus, bleibt dennoch gelassen: "Der Dollar ist schwächer geworden, doch ist diese Absenkung nicht so dramatisch wie beim Euro."

Er weiss: "Hinzu kommt, dass Gäste aus den Dollar-Märkten, die in die Schweiz reisen, grundsätzlich weniger preissensitiv sind und auf solche Kursschwankungen kaum reagieren."

Zwischen Januar und März habe die Schweiz bereits 441'000 Hotelnächte aus dem Markt USA verzeichnet. Das seien 14 Prozent mehr als im Rekordjahr 2019. Allerdings werden Fernreisen immer früh gebucht, weshalb die Auswirkungen der Dollarschwäche in diesen Zahlen wohl noch nicht reflektiert werden. 

Für Auslandsreisen in die USA ist der schwache Dollar indes ein Segen. Zum einen sind die Nebenkosten vor Ort, die seit der Pandemie deutlich teurer wurden, wieder auf vernünftigem Niveau. Robin Engel (33), Mitinhaber des Nordamerika-Reisespezialisten Go2Travel, hält fest: "Der schwache Dollar hilft uns, die Preissteigerungen im Einkauf von Reisen besser abzufedern." 

Dass Reisen in die USA nun günstiger sind, sei aber ein Trugschluss: "Damit rechne ich erst 2025", sagt Engel. 2024 werde es erst nochmals teurer – dank des starken Frankens aber nicht so viel teurer als befürchtet.

Entscheidend ist die Kaufkraftparität

Auch die Exportindustrie leidet üblicherweise unter einem starken Franken. 2022 betrug der Exportanteil der USA an den Güterausfuhren der Tech-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie) 14,3 Prozent. Das sind Güter im Wert von 10,3 Milliarden Franken, womit die USA der zweitgrösste Absatzmarkt der Schweizer Tech-Industrie sind.

Zählt man weitere Märkte hinzu, deren Währungen an den US-Dollar gebunden sind, dürfte der Exportanteil des "Dollarraumes" rund 20 Prozent betragen.

Die Güterausfuhren in die USA haben im ersten Quartal 2023 aber gegenüber dem Vorjahresquartal zugenommen, um 3,4 Prozent. Laut Ivo Zimmermann, Sprecher des Branchenverbands Swissmem, beurteilen seine Mitgliedsfirmen den US-Markt positiv: "37 Prozent rechnen für die kommenden 12 Monate mit höheren und weitere 42 Prozent mit gleichbleibenden Bestellungen aus den USA."

Wie das? Zimmermann schätzt den Dollar nicht als schwach ein: "Gemessen an der Kaufkraftparität ist der US-Dollar gegenüber dem Franken überbewertet. Der aktuelle Wechselkurs liegt bei rund 90 Rappen, die Kaufkraftparität aber bei 76 Rappen."

Somit profitieren Schweizer Exporteure zurzeit von einer günstigen Währungssituation. Es sei zu erwarten, dass sich der Wechselkurs über die Zeit der Kaufkraftparität angleichen wird. Dies dürfte allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen und ist von der Zins- sowie den politischen Entwicklungen abhängig.

UBS-Ökonom Kalt resümiert: "Solange die Aufwertung des Frankens lediglich im Rahmen der Inflationsdifferenz zwischen den USA und der Schweiz ausfällt, sind die Auswirkungen auf die Schweizer Exportwirtschaft vernachlässigbar."

Sollte sich der Dollar weiter merklich abschwächen, würde das die Aussichten trotzdem dämpfen.

Dieser Artikel erschien auf Blick.ch unter dem Titel "Wem der schwache Dollar nützt – und wem er schadet".

Portrait von Jean-Claude Raemy
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