Die Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde SEC hat den Unternehmen Listen von Schlüsselpositionen zugesandt - in einigen Fällen handelt es sich um rund 30 Personen, darunter Leiter bestimmter Investmentbanking-Teams oder Handelsabteilungen -, die Gegenstand der Überprüfung sind, wie informierte Personen berichten. Die Mitarbeiter in diesen Positionen sind angewiesen worden, Telefone auszuhändigen, damit die Geräte von Anwälten untersucht werden können.

Ziel ist es, festzustellen, wie intensiv Wall-Street-Profis nicht-zugelassene Messaging-Plattformen nutzen, um miteinander oder mit Kunden zu chatten. Die Aufsichtsbehörden haben dann zu entscheiden, welche Firmen wie hart bestraft werden sollen, weil sie geschäftsbezogene Nachrichten, die über ungenehmigte Plattformen verschickt wurden, nicht aufbewahrt haben. 

Banken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley, Citigroup, HSBC und Credit Suisse haben erklärt, dass sie gerade dabei sind, US-Anfragen zu Messaging-Apps zu bearbeiten. Es ist unklar, ob alle Banken bereits auf Telefone zugreifen.

Externe Anwälte nötig

Die Aufforderung zur Durchsuchung der Geräte ist so heikel - möglicherweise wird dabei jahrelanger Bürotratsch und sogar sehr Privates durchforstet -, dass die Banken externe Anwälte mit der Durchführung der Überprüfungen beauftragen. Diese sollen als Vermittler fungieren und eine gewisse Privatsphäre bewahren, so die Personen. Hierbei stehen geschäftsbezogene Nachrichten im Vordergrund. Sich bei einem Kollegen über einen schrecklichen Chef auszulassen, wird wahrscheinlich nicht unter diese Definition fallen. Zudem geht es den Aufsichtsbehörden zunächst weniger um Inhalte, als die Frage, wer wie oft illegale Messaging-Kanäle verwendet hat.

Dennoch hat die Vorstellung, dass Behörden und Wertpapierfirmen einen umfassenden, methodischen Blick auf Telefone werfen könnten, die Branche erschüttert, seit vor etwa einem Jahr bekannt wurde, dass JPMorgan die Nutzung externer Apps durch einige Mitarbeiter untersuchte. Diese Überprüfung gipfelte in Entlassungen und Geldstrafen in Höhe von 200 Millionen Dollar.

“Leider haben wir in der Vergangenheit Verstösse auf den Finanzmärkten gesehen, die über inoffizielle Kommunikationskanäle begangen wurden”, sagte der Vorsitzende der SEC, Gary Gensler, damals.

Sprecher der Banken und der SEC lehnten Stellungnahmen ab.

Teil einer "branchenweiten" Untersuchung

Seit der Sanktionierung von JPMorgan haben andere Banken Nachforschungen bekannt gegeben oder Schritte unternommen, um die Nutzung von Apps einzudämmen. Die Deutsche Bank geht seit Anfang des Jahres gegen die Kommunikation über private Nachrichtenkanäle vor und erinnerte ihre Mitarbeiter im Februar daran, dass sie geschäftsbezogene WhatsApps nicht löschen sollten. Das Frankfurter Institut hat keine US-Untersuchung offengelegt, wohl aber Anfragen von der Finanzaufsicht BaFin erhalten, wie eingeweihte Personen diese Woche sagten.

Der Leiter der Rechtsabteilung, Stefan Simon, sagte am Donnerstag auf der Hauptversammlung, die Deutsche Bank sei Teil einer “branchenweiten” Untersuchung der US-Aufsichtsbehörden über die Nutzung privater Kommunikationskanäle. Die Bank habe im vergangenen Jahr eine Softwarelösung zur besseren Archivierung der Mitarbeiterkommunikation in Auftrag gegeben, die sich derzeit in der Testphase befinde, so Simon in einer Antwort auf Fragen der Teilnehmer. Die Bank habe ihre Mitarbeiter wiederholt davor gewarnt, Kommunikation zu löschen, und das gelte auch für den Vorstand.

Einige Mitarbeiter entlassen

Gemäss den Branchenvorschriften sind Wertpapierfirmen verpflichtet, Überwachungssysteme einzurichten und die schriftliche Kommunikation zu archivieren. Dennoch haben Mitarbeiter in der gesamten Branche Messaging-Apps in ihrem Privatleben verwendet und viele begannen damit, sie zu nutzen, um untereinander zu chatten. Als die Pandemie Banker dazu zwang, von zu Hause aus zu arbeiten, ausser Sichtweite der Chefs, nahmen die Textnachrichten noch weiter zu.

Abgesehen von möglichen hohen Strafen ist unklar, was passieren könnte, wenn die Überprüfungen Beweise für eklatantes Fehlverhalten aufdecken.

In der Einigung von JPMorgan mit der SEC im Dezember wurde nicht behauptet, dass in den sichergestellten Texten etwas Betrügerisches oder Unerwünschtes gefunden wurde. Die Bank entliess schliesslich einige Mitarbeiter und disziplinierte weitere hinter den Kulissen, wobei in einigen Fällen die Boni gekürzt wurden, wie informierte Personen berichteten.

(Bloomberg)