Nicht jede Uhr hat das Potenzial, zur teuersten und begehrtesten Uhr der Welt zu werden. Denn es sind nicht die Edelmetalle oder Schmucksteine, die den Wert bestimmen. Auch die uhrmacherische Handwerkskunst spielt nur eine Nebenrolle. Selbst der Nimbus der Marke ist nicht der entscheidende Faktor, auch wenn nur wenige Marken überhaupt in die Kränze kommen.

Was wirklich zählt, ist Provenienz, also Herkunft. Wem gehörte die Uhr? Was für Geschichten wurden mit ihr geschrieben? Welche Geheimnisse sind mit ihr verwoben?

Und diesbezüglich spielt eine Patek Philippe, die einst John Lennon gehörte, in einer eigenen Liga. Lange Jahre galt die Patek der Referenz 2499, ein Modell mit ewigem Kalender und Chronographen, als verschollen. Nun aber ist sie aufgetaucht. In Genf. Vor Gericht. Und sie könnte in den kommenden Jahren die Geschichte der teuersten Armbanduhren der Welt neu schreiben.

Aber der Reihe nach.

Ein Geschenk von Yoko Ono

Rückblende ins Jahr 1980. John Lennon lebt mit seiner Frau Yoko Ono in New York. Und bekommt von ihr zum runden vierzigsten Geburtstag eben jene Patek geschenkt. Kurz danach wird der Beatles-Gitarrist vor dem weltberühmten Apartment-Gebäude The Dakota ermordet. Der Jahrhundertmusiker wird endgültig zur Legende. Und mit ihm – jedenfalls unter Uhren-Aficionados – seine Patek. Denn die Uhr wird Witwe Ono kurz nach dem Mord gestohlen. Wohl von einem ehemaligen Fahrer der Künstlerin.

Derzeit befindet sich die Lennon-Uhr in der Obhut der Anwälte eines in Hongkong lebenden italienischen Sammlers, der sie von einem längst aufgelösten deutschen Auktionshaus erworben hat, wie aus offiziellen Dokumenten eines Genfer Gerichts hervorgeht. Gemäss den Unterlagen steht die Uhr bereits seit Jahren im Mittelpunkt eines Rechtsstreits, der allerdings erst jetzt ans Licht der Öffentlichkeit gelangt ist. Ono und der italienische Sammler streiten – natürlich – darüber, wer der rechtmässige Besitzer der Uhr ist. Im vergangenen Juni haben die Richter zugunsten von Ono entschieden, wogegen der Sammler Widerspruch eingelegt hat. Und darüber hat kürzlich der Schweizer Rechtsblog «Gotham City» berichtet.

Im Gerichtsurteil werden zwar weder Lennon noch Ono namentlich erwähnt, aber biografische Details weisen eindeutig auf sie hin. Die Dokumente erwähnen auch eine Gravur auf der Uhr, die sich auf einen Song bezieht, den das Paar «nach einer Zeit der Trennung gemeinsam komponiert hatte». Vertreten wird Yoko Ono von der Genfer Anwältin Michèle Wassmer von der Kanzlei Borel & Barbey. Sie äussert sich nicht zum Fall.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Bilanz unter dem Titel: "Der Streit um John Lennons Patek".

Marcel Speiser Handelszeitung
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