Damals hatte der heisseste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen laut Forschern die schlimmste Trockenheit seit mindestens 500 Jahren auf dem Kontinent ausgelöst. Vor allem in Südeuropa fürchten Landwirte wegen steigender Temperaturen und Wasserknappheit 2023 die schlechtesten Ernten und Erträge seit Jahrzehnten. Das könnte die Nahrungsmittelpreise weiter in die Höhe treiben, befürchtet die EU-Kommission. "Die Dürresituation wird sich in diesem Sommer noch verschlimmern", warnt Jorge Olcina, Geografieprofessor an der Universität von Alicante. Es gebe kaum eine Chance, dass das bereits bestehende Regendefizit zu dieser Jahreszeit noch behoben werden könne.

Spanien bislang am stärksten betroffen

In Spanien, wo bis April weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Niederschlags gefallen ist, sind aktuell Tausende Menschen auf die Lieferung von Trinkwasser per Lastwagen angewiesen. Einige Landwirte meldeten nach Verbandsangaben bereits Ernteeinbussen von bis zu 80 Prozent, wobei vor allem Getreide und Ölsaaten betroffen waren. "Dies sind die schlimmsten Ernteverluste seit Jahrzehnten", sagt Pekka Pesonen, Leiter der Landwirtschaftsorganisation Copa-Cogeca.

Die EU-Kommission behält die Situation in dem Land, das für die Hälfte der Olivenproduktion und ein Drittel der Obstproduktion innerhalb der EU verantwortlich ist, nach eigenen Angaben genau im Blick. "Die schwere Dürre in Südeuropa ist besonders besorgniserregend, nicht nur für die Landwirte dort, sondern auch, weil sie die bereits sehr hohen Verbraucherpreise in die Höhe treiben kann", sagt Kommissionssprecherin Miriam Garcia Ferrer.

Der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas hatte Ende April Soforthilfe in Höhe von 450 Millionen Euro bei der EU beantragt, wie aus einem Schreiben, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, hervorgeht. Die Folgen der Dürre seien mit nationalen Mitteln alleine nicht zu bewältigen, hiess es darin. Das Geld sollte aus dem Budget für Agrarsubventionen mobilisiert werden. Eine Antwort der Kommission hat das Land bislang nicht erhalten. Madrid stellte mittlerweile mehr als zwei Milliarden Euro für Notfallmassnahmen bereit, da die Wasserreservoirs des Landes im Durchschnitt nur noch zu 50 Prozent gefüllt sind.

Dürrealarm in der Mittelmeerregion

Auch in anderen Südeuropäische Ländern blicken Landwirte und Entscheidungsträger mit Sorge auf die kommende Saison. In vier französischen Präfekturen wurde nach Angaben der staatlichen Website Propluvia ein Dürrealarm ausgelöst. Damit wird der nicht-essenzielle Verbrauch von Wasser, inklusive für den landwirtschaftlichen Bereich, eingeschränkt. Auch in Portugal hat die Dürre frühzeitig eingesetzt. Etwa 90 Prozent des Festlands ist aktuell von Trockenheit betroffen, wobei ein Fünftel des Landes unter einer schweren Dürre leidet. Das ist fast fünfmal so viel wie im Vorjahresvergleich.

Derweil fehlten in Norditalien nach zwei Jahren der Wasserknappheit 70 Prozent der Schneewasserreserven, sagte Luca Brocca, Forschungsdirektor beim Nationalen Forschungsrat. Daraufhin sei die Bodenfeuchtigkeit vor Ort um rund 40 Prozent gesunken. Ein derartiger Wassermangel könnte eine Situation wie im vergangenen Jahr auslösen. Damals erlebte Italien die schwerste Dürre seit 70 Jahren. Nun planen die Landwirte nationalen Daten zufolge die Fläche für den wasserintensiven Anbau von Sommerkulturen im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent verringern.

Folgen des Klimawandels spürbar

Häufigere und schwerwiegendere Dürren im Mittelmeerraum, wo die Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad Celsius höher liegt als vor 150 Jahren, entsprechen den Prognosen der Wissenschaftler. "Die Folgen des Klimawandels vor Ort entsprechen genau dem, was wir erwartet haben", sagt Hayley Fowler, Professorin und Klimaforscherin an der Universität Newcastle. Trotz dieser Prognosen bleiben Massnahmen zur Bekämpfung der Dürre vor Ort weitgehend aus.

"Die Regierungen sind spät dran. Die Unternehmen sind spät dran", sagt Robert Vautard, Klimawissenschaftler und Direktor des französischen Pierre-Simon Laplace Instituts. So müssten viele landwirtschaftliche Regionen noch wassersparende Methoden einführen oder auf resistentere Landbaukulturen umstellen. "Einige Unternehmen denken nicht einmal daran, ihr Modell zu ändern. Sie sind nur damit beschäftigt, irgendwelche Wundertechnologien zu finden, die Wasser hervorzaubern."

(Reuters)