Der US-Autobauer Tesla hat Insidern zufolge sein Vorhaben begraben, ein preisgünstiges Elektro-Auto für den Massenmarkt zu bauen. Zwei mit den Plänen vertraute Personen sagten der Nachrichtenagentur Reuters, sie hätten von der Entscheidung in einem Meeting mit Mitarbeitern erfahren. Einer der Insider sagte, das Treffen habe es bereits Ende Februar gegeben. Die Anweisung von Tesla-Chef Elon Musk laute nun, ganz auf Robotaxis zu setzen. Die Insider sagten, sie würden nicht alle Gründe für die Entscheidung zu der Absage kennen. Die Kehrtwende wird aber zu einem Zeitpunkt bekannt, an dem Tesla weltweit im scharfen Wettbewerb mit Rivalen aus China steht, die den Markt zum Teil mit Autos für nur 10'000 Dollar fluten.

Tesla reagierte zunächst nicht auf die Anfrage nach einer Stellungnahme. Nach Veröffentlichung des Reuters-Berichts schrieb Konzernchef Musk auf seiner Kurznachrichten-Plattform X «Reuters lügt (wieder)», ohne weiter darauf einzugehen. Die Aktien des Konzerns fielen nach der Reuters-Meldung am Freitag um bis zu sechs Prozent.

«Billigauto» schon seit 2006 ein Thema

Musk hat über Jahre immer wieder erklärt, Tesla wolle erschwingliche Elektroautos für die breite Masse bauen. Sein erster «Masterplan» aus dem Jahr 2006 sah vor, zunächst Luxusmodelle zu produzieren und dann mit den Gewinnen ein «preiswertes Familienauto» zu finanzieren. Das derzeit günstigste Tesla-Modell, die Limousine Model 3, kostet in den USA etwa 39'000 Dollar. Das «Billig»-Modell, manchmal «Model 2» genannt, sollte bei etwa 25'000 Dollar beginnen. Erst im Januar hatte Musk gesagt, Tesla wolle die Produktion dieses Modells in Texas in der zweiten Jahreshälfte 2025 aufnehmen.

Nun auf Robotaxis zu setzen, ist laut Experten riskant. Die Umsetzung des Vorhabens der fahrerlosen Roboter könne länger dauern, bedeute eine grössere technische Herausforderung und ein grösseres Risiko bei der behördlichen Zulassung. Ein Insider sagte, die neuen Robotaxi-Pläne sähen vor, diese in wesentlich geringerer Stückzahl zu bauen als das zunächst geplante Model 2.

Tesla hatte zuletzt jahrelang an der Entwicklung seines Cybertrucks gearbeitet, einem teuren Elektro-Pickup. In der Zeit haben sich Hersteller aus China bei günstigen E-Autos nach vorn geschoben, Marktanteile erobert und Grössenvorteile erzielt. Sie bieten nun Preise an, mit denen westliche Autohersteller nur schwer mithalten können.

Die Pläne für den erschwinglichen Tesla galten als Schlüssel zur Verwirklichung von Musks Ambitionen für das Umsatzwachstum. Im Jahr 2020 hatte er gesagt, bis 2030 wolle Tesla 20 Millionen Fahrzeuge pro Jahr verkaufen - doppelt so viele wie aktuell der weltgrösste Autohersteller Toyota. Wird das Model 2 nicht gebaut, wäre offener denn je, wie Musk sein Ziel erreichen will.

Einer Tesla-Mail vom 1. März zufolge, die Reuters einsehen konnte, dankte ein Manager den technischen Mitarbeitern des Projekts für ihre Bemühungen und forderte sie auf, ihre Erkenntnisse zu dokumentieren.

Mit dem Kursrutsch vom Freitag hat sich die Tesla-Aktie seit Juli 2023 um mehr als 40 Prozent verbilligt, was einem Verlust beim Börsenwert von rund 400 Milliarden Dollar entspricht. Dennoch ist die Marktkapitalisierung mit rund 545 Milliarden Dollar immer noch weit höher als etwa der kombinierte Wert der drei nächstwertvollsten Hersteller Toyota, Porsche und Mercedes. Im Kurs von Tesla ist aber auch die Erwartung eines Erfolgs am Massenmarkt und bei fahrerlosen Autos eingepreist.

(Reuters)