Trotz Krisen in wichtigen Ölförderländern wie dem Irak, Russland oder Libyen sinkt der Ölpreis. Im Juni kostete das Fass Rohöl an den Rohstoffmärkten noch 115 Dollar. Seit Anfang September bewegt sich der Ölpreis unter 100 Dollar. Aktuell ist ein Barrel 97 Dollar wert. Der Grund: Die Weltmärkte sind überversorgt. Die USA wenden sich dem Fracking zu und führen weniger Erdöl ein, und auch die Konjunktursorgen in China haben zum tiefen Handelspreis für Öl beigetragen.

Kursentwicklung des Barrel Röhol Brent seit drei Monaten.

Der tiefe Ölpreis hat auch damit zu tun, dass die grossen Ölfelder im Irak ausserhalb des Gebiets liegen, das die IS-Terrorgruppe kontrolliert. Zudem fliessen die Gas- und Öllieferungen aus Russland trotz Boykottdrohungen weiter. Und das von Stammeskämpfen geprägte Libyen hat eher überraschend seine Ölförderung vervierfacht und so zum Überangebot beigetragen.

Der Ölpreis hat Auswirkungen etwa auf den Benzinpreis, den Heizölpreis oder die Betriebskosten der Fluggesellschaften. Was nützt der Preisrückgang also Konsumenten? Die ernüchternde Antwort ist: Zunächst eher wenig. Der Ölpreis ist aber nur einer von mehreren Faktoren, die den Endpreis für den Kunden bestimmen. Ein paar Punkte sind für den Konsumenten aber zu beachten.

Dollarkurs gleicht Ölpreis aus

Die Preise für Benzin und Diesel in der Schweiz definieren sich erstens aus dem Beschaffungspreis, der vom Handel in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen definiert wird. Es spielen aber auch die Transportkosten in die Schweiz eine Rolle, und diese richten sich nach dem Pegelstand des Rheins: Je mehr Wasser der Fluss führt, desto mehr können die Tanker laden. Diese Faktoren zusammen ergeben den Kostenanteil für Einkauf und Transport, der aktuell 38 Prozent des Tankstellenpreises für Benzin ausmacht.

Der zweite Kostenfaktor ist der Vertrieb durch die Mineralölgesellschaften. Dieser macht 12 Prozent des Tankstellenpreises aus. Fast die Hälfte des Preises entsteht durch den dritten Faktor, Steuern und Abgaben.

Beim Beschaffungspreis spielt zudem ein weiterer Aspekt eine richtige Rolle: der Dollar-Franken-Wechselkurs. Rohöl wird in der amerikanischen Währung gehandelt. Im Moment heben sich für Schweizer Konsumenten der fallende Ölpreis und der starke Dollar auf.

Kein leerer Heizöltank

Bei Heizöl kann man anders als bei Benzin und Diesel auf einen guten Zeitpunkt zum Kauf spekulieren. Die Erdöl-Vereinigung gibt allerdings keine Ratschläge dazu ab. Landläufige Aussagen wie: "Vor Ostern wird’s teuer" sind laut dem Branchenverband nicht stichhaltig. Ein Risiko geht allerdings ein, wer heizt, bis der Tank leer ist. Dann droht ein teurer Notkauf.

Indem man in Abständen kleinere Mengen zukauft, kann man unter Umständen etwas von den Schwankungen profitieren. Derzeit etwa ist Heizöl, das übrigens weniger stark besteuert ist als Benzin, billiger als vor einem Jahr.

Hedging bestimmt Ticketpreise

Eine weitere schlechte Nachricht für die Konsumenten ist: Flugtickets verbilligen sich wegen des Ölpreisrückgangs eher nicht. Die Swiss sichert wie andere Airlines auch den Einkaufspreis für Treibstoff ab. Mit diesem so genannten Hedging wird verhindert, dass ein stark schwankender Ölpreis die Betriebskosten unberechenbar macht.

Die Ticketpreise, die einen Treibstoffzuschlag enthalten, werden daher nicht dauernd dem Ölpreis angepasst. Das Hedging wirkt dabei wie eine Barriere. Allerdings hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass sich ein steigender Ölpreis schneller im Treibstoffzuschlag und damit im Preis eines Flugs zeigt als ein fallender.