Der "Reflation Trade" ist nicht tot. Er hat nur den Atlantik überquert. Statt auf den Dollar und ein stärkeres Wirtschaftswachstum in den USA zu wetten, arrangieren sich Deviseninvestoren mit der Möglichkeit, dass der Dollar seine besten Tage hinter sich hat - nach drei Jahren Rekorde-brechender Stärke. Mehr und mehr beginnen Händler darauf zu setzen, dass der Euro die Rolle des Dollar als allumfassender Trade im 5,1 Billionen Dollar schweren Devisenmarkt übernehmen wird.

Auf den ersten Blick sieht der Euro nicht wie der Kandidat für eine überragende Entwicklung aus. Der Euroraum hat negative Einlagenzinsen und die Europäische Zentralbank kauft jeden Monat Anleihen, um die Konjunktur zu stützen.

Aber mit den schwindenden politischen Risiken, der sich erholenden Konjunktur und der Aussicht am Horizont, dass die quantitative geldpolitische Lockerung (QE) zurückgeschraubt wird - so wie es Ökonomen 2014 auch für die Federal Reserve Bank vorausgesagt hatten - dürfte der Euro es dem Dollar nachmachen und eine mehrjährige Aufwärtsbewegung beginnen.

"Es ist komplett umgeschlagen gegenüber dem totalen Optimismus ab dem Tag der US-Wahlen, als jeder Dollar-bullish, politisch bullish, zyklisch bullish war", sagt David Bloom, Leiter Währungsstrategie bei HSBC in London, im Interview mit Bloomberg TV.

Auch beim Euro lauern Gefahren

Und das gilt nicht nur für HSBC. Investoren sind in diesem Quartal in den Euro geströmt und haben der Gemeinschaftswährung dazu verholfen, gegenüber fast jeder anderen grossen Währung zuzulegen. Das hat es seit 2013 nicht mehr gegeben. Indessen hat der Dollar gegenüber den meisten Währungen nachgegeben.

In Umfragen von Bloomberg schrauben Analysten ihre Prognosen höher, um mit dem Anstieg des Euro in diesem Jahr mitzuhalten. Für dieses Jahr summieren sich die Kursgewinne der Währung bereits auf 5,9 Prozent. Im vierten Quartal hatte der Euro mit dem Optimismus über die von Donald Trump in Aussicht gestellte Politik 6,4 Prozent verloren.

Wie beim Dollar, könnte etwas Gleichartiges auch beim Euro geschehen, sagt Thomas Flury, Leiter der Devisen-Analyse bei UBS Wealth Management in Zürich. "Insbesondere wenn die EZB gezwungen wird, QE zu stoppen, weil die Wirtschaft zu stark ist in Bezug auf Handelsüberschuss und Verbraucherstimmung, um eine Ausweitung von QE zu rechtfertigen."

Tiefe Zinsen lasten auf dem Yen

Und nicht nur gegenüber dem Dollar sehen Investoren den Euro positiv, auch gegenüber dem Yen - eine Währung, die ebenfalls von negative Zinsen am Boden gehalten wird.

Gegenüber dem Yen hat der Euro in den vergangenen zwei Monaten 7,6 Prozent gewonnen. Analysten haben ihre Jahresend-Prognosen für Euro gegen Yen eiligst angehoben, zumal die Bank von Japan sich nicht zu einem Zeitplan für eine mögliche Verringerung ihrer Anreize äussert.

"Es gibt weniger Aufwärtspotenzial für Dollar-Yen als für Euro-Yen", sagt Kit Juckes, Fixed-Income-Stratege bei Société Générale in London. "Der Euro ist von der aggressiven EZB-Politik zurückgehalten worden, und da sich der Fokus nun langsam auf eine Normalisierung ausrichtet, ist er wie ein Springteufel, wenn der Deckel geöffnet wird."

(Bloomberg)