In den vergangenen Wochen sind Investoren wieder mehr in Richtung zyklischer Aktien gegangen. Diese so genannte Sektorrotation bedeutet, dass die bisher sehr erfolgreichen Technologietitel etwas in Frage gestellt werden. Onlinehändler, Softwareentwickler oder Gaming-Ausrüster profitierten monatelang davon, dass weltweit Menschen wegen der Pandemie mehr Zeit bei sich Zuhause verbracht haben. Mit der Aussicht, dass gegen die Coronakrise bald mit Impfstoffen angekämpft werden kann, hat die Attraktivität solcher Aktien abgenommen.

Doch in New York und Hongkong machen sich manche Anleger deswegen gar keine so grossen Sorgen um Titel wie Tesla, Amazon und Co. "Unterschätzt niemals die Bedeutung von Technologie", sagt Alan Wang, Aktien-Portfoliomanager bei der amerikanischen Anlage- und Versicherungsgesellschaft Principal Financial Group.

Zum einen helfen die sehr tiefen Kreditkosten – auf anderen Seite aber versucht man auch, die hohen Bewertungen zu relativieren. Technologiekonzerne würden vom Markt im grossen Stil neu eingeschätzt. Investoren versuchen, bei diesen inzwischen teuer gewordenen Titeln neue Bewertungsansätze zu finden.  

Markennamen oder Patente als Bewertungskriterium

Anlagefirmen an der Wall Street versuchen nun, auch "weniger greifbare" Inhalte eines Unternehmens wie einen Markennamen oder Patente in die Bewertung von Aktien einfliessen zu lassen. Diese auf englisch "Intangibles" genannten Aspekte könnten statt als Aufwand als eigentliches Wirtschaftsgut betrachtet werden. Damit würde sich der Wert eines Unternehmens beispielsweise wie Tesla mit einem sehr prominenten Namen in der E-Mobilität erhöhen.

Dies würde die bisher vorherrschende Methode, bei der Aktienkurse mit erwarteten Gewinnen – so genanntes Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV – verglichen werden, in Frage stellen oder erweitern. "Es ist ein völlig neuer Ansatz in der Bewertung", sagt Wang.

Viele Investoren hätten sich die Finger verbrannt, weil sie mithilfe der herkömmlichen KGV-Betrachtung bei hoch bewerteten Titeln auf fallende Kurse gesetzt hätten. Aktien, die dann doch weiter im Kurs anstiegen. Der nun aufkommende Drang der Märkte, möglichst schnell in alles Zyklische zu investieren, könnte sich ebenfalls als trügerisch erweisen. Finanz- und Energietitel bleiben nach Ansicht der Principal-Analysten strukturell in der Krise, auch wenn die Impfstoff-Hoffnung zum Kauf verleite. Wichtig sei, dass es bei Zyklikern fundamentale und strukturelle Gründe gebe, in sie zu investieren.

Technologietitel hingegen, die immer noch Sicherheit böten, würden vom "Alltagsleben" profitieren, sagt Portfoliomanager Binay Chandgothia. Bei Global Principal, dem Anlagearm der Principal Group, setzt man beispielsweise auf erneuerbare Energien und Datenverarbeitungsunternehmen. Auch die technololgielastigen Aktienmärkte Chinas oder Südkoreas sind in den Portfolios gut vertreten, aber auch Aktien aus Japan und von klein-kapitalisierten Unternehmen.  

(Bloomberg/cash)