Der Swiss Market Index (SMI) flirtet wieder mit 10'000 Punkten und der Dow Jones nimmt Kurs auf 25'000 Zähler. Unzählige Anleger haben mit der massiven Erholung des Marktes nach dem Corona-Einbruch gute Renditen erzielt. Zumindest aktienseitig sieht es schon fast wieder so aus, als sei die Krise nur halb so schlimm wie unlängst befürchtet.

Einige der am meisten beachteten Aktien der Welt – Amazon und Netflix beispielsweise - haben schon neue Rekordhochs erreicht. Schweizer Anlegerlieblinge wie Lonza oder Logitech bewegen sich bei Allzeithochs. Einigen geht die Erholung allerdings zu schnell. Die Furcht vor einem neuerlichen Sturz der Kurse liegt schwer in der Luft.

Unfreundlicher Name für unfreundliches Phänomen

Der Londoner Vermögensverwalter Schroders hat historische Daten verglichen und ist so der Frage nachgegangen, ob die aktuelle Rally ein "false dawn" ist, also eine trügerische Morgenröte. Oder, in einer für Tierfreunde vielleicht weniger attraktiven Sprache, dem "Sprung einer bereits toten Katze" gleicht: Dem so genannten "Dead Cat Bounce".

In 11 von 13 Fällen, in denen der Dow Jones seit 1885 um mindestens 25 Prozent gefallen ist, erwies sich eine erste Erholung als trügerisch. Eine zehnprozentige Erholung nach dem Fall erweis sich rückblickend nur als Aufbäumen auf dem Weg nach unten. Normalerweise sprang die "tote Katze" drei Mal in so einem Abwärtstrend. In der Finanzkrise 2007 bis 2009 und im Zusammenhang mit der Dotcom-Blase 2000 gar vier Mal.

Am schlimmsten war es allerdings in der Wirtschaftskrise der frühen 1930er Jahre. Schroders zählt zwischen 1929 und 1932 acht Rallys, die im Endeffekt nichts brachten. In fünf Fällen ereignete sich ein mindestens 20-prozentiger Rebound. In zwei Fällen machten Kursanstiege von 30 Prozent die Anleger glauben, dass die Aktienkrise vorbei sei – vergeblich.

Nicht nachhaltige Markterholungen im Dow Jones¹ seit 1885

JahrAnzahl
Rückschläge
Grösster 
Anstieg
JahrAnzahl
Rückschläge
Grösster 
Anstieg
1890347 Prozent1929848 Prozent
1899117 Prozent1966132 Prozent
1901314 Prozent1973316 Prozent
1906314 Prozent2000429 Prozent
1916214 Prozent2007420 Prozent
1919220 Prozent   

¹Wegen teilweise mangelnder Daten ohne Dividenden gerechnet, sondern anhand des Preisniveaus betrachtet / Quelle: Samuel H. Williamson, Daily Closing Value of the Dow Jones Average, 1885 to Present, MeasuringWorth, 2020, sowie Schroders.

Zwischen dem 13. November 1929 und dem 17. April 1930 stieg der Dow Jones gar um 48 Prozent, nur um über die folgenden zwei Monate um 30 Prozent zurückzufallen. Danach ging es in zwei Jahren um 80 Prozent abwärts.

Die Rally der vergangenen fünf Wochen kann auch als Erleichterung darüber verstanden werden, dass die Dinge "weniger schlimm" verlaufen sind, als dies in den verwirrendsten Momenten im März angenommen wurde.

Ein Faktor, der die Märkte wieder den Rückwärtsgang einlegen lassen könnte, ist laut Schroder die anhaltende Unsicherheit: Trotz Öffnungsplänen vieler Regierungen ist noch nicht bekannt, wie lange die Weltwirtschaft unter Einschränkungen leiden wird. Eine zweite Infektionswelle kann nicht ausgeschlossen werden.

Auch ist nicht bekannt, wie viele Todesopfer die Pandemie fordern wird, noch ist klar, ob es mittelfristig eine Durchseuchung der Bevölkerungen stattfinden wird. Schroder-Reseach-Chef Duncan Lamont rät daher, sich nicht von Gier leiten zu lassen, sondern eine disziplinierte Anlagestrategie zu verfolgen.