Der Republikaner kündigte den Schritt am Freitag in der Lobby des New Yorker Trump Towers an. In einer mehr als halbstündigen, weitschweifenden Rede wiederholte er seine Vorwürfe, dass es sich bei dem Prozess seiner Meinung nach um ein manipuliertes Verfahren gehandelt habe. US-Präsident Joe Biden sagte, der Gerichtsentscheid zeige, dass niemand über dem Gesetz stehe. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage im Lager der Republikaner zufolge droht Trump, der erneut Präsident werden will, nach dem Schuldspruch der Verlust von Wählerstimmen.
Bevor Trump offiziell Berufung einlegen kann, muss er die Verkündung des Strafmasses abwarten. Damit wird am 11. Juli gerechnet. Trump war am Donnerstagabend im Prozess um eine Schweigegeld-Zahlung an eine Porno-Darstellerin von einer Geschworenen-Jury in allen 34 Punkten für schuldig befunden worden. Dabei ging es im Kern um Fälschung von Geschäftsunterlagen. Trump hat die Vorwürfe in dem Verfahren zurückgewiesen.
Am Freitag sagte er, das Verfahren zeige, dass niemand vor politisch motivierter Verfolgung gefeit sei. «Wenn sie mir das antun können, können sie das jedem antun», sagte Trump und erntete Applaus von seinen Anhängern. Fragen der Presse liess er nicht zu. Mit dem Schuldspruch ist er der erste Ex-Präsident in der Geschichte der USA, der wegen eines Verbrechens verurteilt wurde. Er bleibt auf freiem Fuss. Theoretisch drohen ihm bis zu vier Jahre Haft, in ähnlichen Fällen fiel das Strafmass jedoch oft deutlich geringer aus. Auch nach dem Urteil und selbst in Haft könnte Trump weiter Präsident werden.
Die Umfrage unter Wahlberechtigten, die sich bei den Republikanern für den Urnengang haben registrieren lassen, zeigt jedoch, dass das Urteil Spuren in Trumps Lager hinterlässt: Zehn Prozent der befragten Republikaner-Anhänger halten es nun für unwahrscheinlicher, dass sie am 5. November tatsächlich für Trump stimmen werden. Für 56 Prozent von ihnen hat das Urteil keinen Einfluss auf ihr Wahlverhalten, während 35 Prozent noch mehr zu einem Votum für Trump tendieren als vorher.
Einfluss des Urteils schwer abschätzbar
Experten zufolge spielen die zehn Prozent potenziell Abtrünnigen aber eine grössere Rolle, weil die 35 Prozent nun noch Entschlosseneren ohnehin Trump wählen würden. Da die Wahl allerdings noch über fünf Monate hin ist, gilt der Einfluss des Urteils auf das Wählerverhalten insgesamt als schwer abschätzbar. Der 77-jährige Trump und der 81-jährige Biden liegen derzeit in der Wählergunst dicht beieinander, wobei Biden leicht im Vorteil ist.
Der Demokrat verurteilte die Reaktion Trumps auf den Schuldspruch: «Es ist rücksichtslos, es ist gefährlich, es ist unverantwortlich, wenn jemand behauptet, der Fall sei manipuliert worden, nur weil ihm das Urteil nicht gefällt», sagte Biden in einer ersten öffentlichen Reaktion. Trump habe sich verteidigen können wie alle anderen Amerikaner auch. Vor der US-Justiz seien alle gleich.
Trump war vorgeworfen worden, vor der Wahl 2016 im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Sein persönlicher Anwalt Michael Cohen hatte Daniels das Geld gegeben, um eine Enthüllung über eine mutmassliche sexuelle Affäre 2006 zu verhindern. Trump hat eingeräumt, Cohen das Geld zurückgezahlt zu haben. Eine Affäre mit Daniels dementiert er.
(Reuters)