Nach einem offenbar für beide Seiten vielversprechenden ersten Treffen am Samstag geht es aus Sicht von Beobachtern darum, aus einer Situation herauszukommen, in der beide Seiten eigentlich nur verlieren können. Dabei gilt es nach dem Auftürmen der Zollhürden, das Gesicht zu wahren.

China steht im Epizentrum des globalen Handelskriegs von US-Präsident Donald Trump. Der Konflikt hat die Finanzmärkte erschüttert, Lieferketten durcheinandergewirbelt und das Risiko eines weltweiten Konjunkturabschwungs erhöht. Dennoch hält Trump eisern an seinen Zielen fest: Die USA wollen das Handelsdefizit mit der Volksrepublik abbauen und China davon überzeugen, sein aus US-Sicht merkantilistisches Wirtschaftsmodell aufzugeben.

Trump lobte die Gespräche. Beide Seiten hätten «einen vollständigen Neustart … auf freundschaftliche, aber konstruktive Weise» ausgehandelt. «Ein sehr gutes Treffen heute mit China in der Schweiz. Vieles wurde besprochen, vieles vereinbart», schrieb er danach auf seiner Online-Plattform Truth Social. «Wir wollen zum Wohle Chinas und der USA eine Öffnung Chinas für amerikanische Unternehmen. Grosse Fortschritte!!!»

Wenige Stunden vor den Gesprächen hatte er bereits geschrieben: «China sollte seinen Markt für die USA öffnen – das wäre so gut für sie!!!» Zugleich hatte er ein erstes Lockangebot hinterhergeschoben und die Zahl von «80 Prozent Zoll auf China» in den Raum gestellt. Dies erscheint noch immer hoch, doch im April hatte der Republikaner einen Zoll von 145 Prozent auf chinesische Waren angeordnet, den die Volksrepublik mit einem Gegenzoll von 125 Prozent auf amerikanische Güter konterte.

China strebt an, dass Washington Zölle abbaut und klarstellt, welche Waren die Volksrepublik in den USA aus Sicht Washingtons stärker nachfragen sollte. Wichtig ist Peking zugleich, dass China auf der Weltbühne gleichberechtigt behandelt wird.

Die beiden Seiten scheinen deutlich weiter voneinander entfernt als während des Handelskonflikts in Trumps erster Amtszeit von 2017 bis 2021. Für das Treffen von US-Finanzminister Scott Bessent und dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer mit Chinas Vizeministerpräsidenten He Lifeng waren die Aussichten auf ein schnelles Ergebnis dementsprechend mau: «Sie werden an diesem Wochenende nichts klären, ausser zu versuchen, festzustellen, ob es überhaupt einen Prozess geben wird und welche Tagesordnungspunkte auf dem Programm stehen werden», sagte Scott Kennedy, Experte für chinesische Wirtschaftsangelegenheiten am Center for Strategic and International Studies in Washington.

Faktisches Handelsembargo

Die derzeitigen Zollschranken von über 100 Prozent gelten Experten als faktisches Handelsembargo. Als bestes Szenario in diesem frühen Stadium der Verhandlungen könnte aus Sicht der Finanzmärkte eine Senkung auf ein Niveau gelten, das den Warenverkehr in beide Richtungen ermöglicht - auch wenn damit noch immer hohe Belastungen für Unternehmen verbunden wären.

«Ich gehe davon aus, dass Peking auf der gleichen 90-tägigen Zollbefreiung bestehen wird, die alle anderen Länder erhalten haben, um günstige Bedingungen für Verhandlungen zu schaffen», sagte Ryan Hass von der Denkfabrik Brookings Institution. Durchbrüche auf Verhandlungsebene seien jedoch unwahrscheinlich: «Da die US-Entscheidungen zur Erhöhung der Zölle willkürlich getroffen wurden, kann auch eine Entscheidung zur Deeskalation der Zölle willkürlich getroffen werden.»

(Reuters)