Im US-Präsidentschaftswahlkampf kommt es zum ersten direkten Schlagabtausch zwischen Kamala Harris und Donald Trump: Die 59-jährige Kandidatin der Demokraten und der 78-jährige Republikaner liefern sich ihr nach jetzigem Stand einziges TV-Duell vor der Wahl in knapp zwei Monaten.
Zeitpunkt und Austragungsort
Wer die Debatte in Deutschland, Österreich oder der Schweiz live verfolgen möchte, muss früh aufstehen: Denn hier ist es 03.00 Uhr in der Nacht zum Mittwoch, wenn beide das Podium betreten. Im Austragungsort Philadelphia dagegen schlägt es erst 21 Uhr am Dienstagabend, der besten Sendezeit in den USA.
Mit Philadelphia wurde ein äusserst geschichts- und symbolträchtiger Austragungsort ausgesucht: Dort wurden im 18. Jahrhundert die Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung unterzeichnet. Abgehalten wird die Debatte im National Constitution Center, einem Museum, das sich der Geschichte der US-Verfassung widmet. Philadelphia ist zudem mit etwa 1,6 Millionen Einwohnern die grösste Stadt in Pennsylvania. Der Bundesstaat ist einer der Swing States, in denen viele Wechselwähler leben und daher mal die Demokraten, mal die Republikaner die Mehrheit der Stimmen holen. Oft hängt der Ausgang einer Präsidentschaftswahl davon ab, wer in den wenigen Swing States die Nase vorn hat. Auch dieses Jahr könnte das so sein, denn es wird mit einem äusserst engen Rennen gerechnet.
Wichtig, aber keine Garantie für einen Sieg
TV-Debatten spielen seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle im US-Wahlkampf. Für die Kandidaten bieten sie hervorragende Gelegenheiten, sich einem Millionenpublikum zu empfehlen und unentschiedene Wähler zu überzeugen. Wie weichenstellend eine solche Veranstaltung sein kann, bekam der jetzige Präsident Joe Biden im Juni zu spüren, als er Trump vor den Kameras gegenüberstand. Damals war Biden noch der ausgemachte Kandidat der Demokraten. Doch nach einem extrem schwachen Auftritt wurde die ohnehin schon schwelende Kritik aus den eigenen Reihen so laut, dass er letztlich auf eine erneute Kandidatur verzichtete. Harris sprang ein, und darum ist sie im zweiten TV-Duell dieses Wahlkampfes nun Trumps Gegnerin.
Erstmals wurde 1960 ein Kandidaten-Duell im Fernsehen übertragen. John F. Kennedy kam beim Publikum deutlich besser an als sein Kontrahent Richard Nixon und gewann dann die Wahl. Dennoch bedeutet ein guter Auftritt längst nicht automatisch, dass man den Sieg in der Tasche hat. 2016 gab es drei TV-Duelle zwischen den damaligen Kandidaten Trump und Hillary Clinton. Unter dem Strich wurde Clinton eine überzeugendere Performance bescheinigt. Der Wahlsieg ging jedoch an Trump.
Die Regeln
Gastgeber der Debatte ist ABC News, die Nachrichtensparte des Senders ABC. Moderatoren sind David Muir und Linsey Davis, die zu den bekanntesten TV-Journalisten in den USA zählen. Sie allein werden die Fragen stellen. Die Debatte ist auf 90 Minuten angesetzt. Wie bei dem von CNN veranstalteten Duell zwischen Trump und Biden im Juni ist kein Publikum zugelassen. Auch die Mikrofone werden erneut stummgeschaltet, sobald einer der Kandidaten nicht mehr an der Reihe ist zu reden. Dieser Punkt war umstritten. Das Harris-Lager hatte dafür plädiert, die Mikrofone jederzeit an zu lassen.
Es wird keine Eröffnungsstatements geben und die Kandidaten dürfen keine vorbereiteten Notizen oder Skripte mitbringen. Sie bekommen nur einen Stift, einen Schreibblock und eine Flasche Wasser. Es soll zwei Werbeunterbrechungen geben, in denen die Kandidaten sich aber nicht mit ihren Mitarbeitern austauschen dürfen. Für Antworten und Erwiderungen sind je zwei Minuten vorgesehen, zudem eine weitere Minute für etwaige Klarstellungen oder Nachfragen. Zum Abschluss soll es zweiminütige Schlussstatements geben, erst Harris, dann Trump.
Worauf es ankommt
Jüngsten Umfragen zufolge liegen Harris und Trump praktisch gleichauf. Beide werden daher versuchen, insbesondere unentschiedene Wähler zu erreichen. Bei Harris besteht Experten zufolge vor allem Erklärungsbedarf was ihre politischen Pläne angeht, da viele Wähler noch nicht genau wissen, was sie von ihr inhaltlich zu erwarten haben. Gleichzeitig muss sie zeigen, dass sie Ex-Präsident Trump gewachsen ist. Die ehemalige Staatsanwältin trifft auf einen verurteilten Straftäter, der berüchtigt für Unwahrheiten und Beleidigungen ist. Für Trump wird es unter anderem darum gehen, mit einem besonnenen Auftritt skeptische Wähler davon zu überzeugen, dass er das Format für einen Job hat, den er vor vier Jahren an Biden verlor.
(Reuters)