Der US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hat erzkonservative Republikaner wie auch Demokraten mit einer Stellungnahme zum Abtreibungsrecht verärgert. Der ehemalige Präsident erklärte in einem am Montag veröffentlichten Video auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social, die Bundesstaaten sollten auf Landesebene über Abtreibungsverbote entscheiden. Religiöse und konservative Gruppen hoffen dagegen, dass Trump sich im Fall einer Rückkehr ins Weisse Haus für ein strenges Verbot auf Bundesebene starkmacht. Politische Erwägungen hätten Vorrang, sagte Trump jedoch nun mit Hinweis auf die Wahl Anfang November. «Folgen Sie immer Ihrem Herzen», sagte er. «Aber wir müssen gewinnen. Wir müssen gewinnen.»

Die Präsidentin der Anti-Abtreibungsgruppe Susan B. Anthony Pro-Life America, Marjorie Dannenfelser, zeigte sich «zutiefst enttäuscht» von Trump. Seine Haltung würde es den Demokraten ermöglichen, den Zugang zu Abtreibungen in einigen Bundesstaaten zu erleichtern.

Der demokratische Amtsinhaber und Präsidentschaftsbewerber Joe Biden erklärte, Trump mache sich Sorgen, dass die Wähler ihn für seine Rolle bei der Aufhebung des landesweiten Rechts auf Abtreibung zur Rechenschaft ziehen werden. «Nun, ich habe Neuigkeiten für Donald. Das werden sie tun.»

Trump hatte als Präsident drei konservative Richter zum Obersten Gericht ernannt. Dieses entschied 2022 nach fast 50 Jahren Streit, dass das als Roe vs. Wade bekanntgewordene, richtungsweisende Urteil zur Abtreibung von 1973 ungültig sei. Damit fiel die Entscheidung über ein Recht auf Abtreibung an die 50 einzelnen Bundesstaaten zurück. In mehr als 20 von ihnen haben republikanische Regierungen inzwischen vergleichsweise strenge Gesetze erlassen, darunter Verbote ohne Ausnahmen.

Zwar feierten erzkonservative Gruppen das Urteil des Obersten Gerichts als Sieg. Jedoch kostet es den Republikanern seitdem bei Wahlen wichtige Stimmen. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage vom März zufolge sind 57 Prozent der US-Bürger der Meinung, dass Abtreibung in den meisten oder allen Fällen legal sein sollte.

Die republikanische Strategin Jeanette Hoffman erklärte, Trump wolle mit seiner Stellungnahme den ganzen Streit umgehen. «Jetzt, wo die Vorwahlen vorbei sind, bringt es nichts mehr, ein nationales Abtreibungsverbot vorzuschlagen», sagte sie. Dies würde dem Republikaner nur die Stimmen gemässigterer Wähler in den sechs oder sieben Bundesstaaten kosten, wo ein knapper Wahlausgang erwartet wird. Biden wiederum hat Trumps Rolle im Abtreibungsstreit zu einem zentralen Teil seines Wahlkampfs gemacht. In Umfragen liegen beide Politiker faktisch gleichauf. 

(Reuters)