Händler orteten die Ursache in neu aufgekeimten Übernahmespekulationen innerhalb der Branche.

Die Richemont-Aktie notierte am Nachmittag über weite Strecken bei 136 Franken oder rund 4 Prozent unter dem Vortagesschluss. Gegen 15 Uhr zog der Titel aber kurzzeitig auf über 140 Franken an, rutschte dann aber wieder auf das Niveau von vorher zurück. Daraufhin dämmten Richemont die Verluste wieder etwas ein und schlossen am Mittwoch bei 138,40 Franken (-2,2%).

Händler verwiesen auf eine Meldung von Bloomberg, welche die Branche in Aufruhr versetzt habe. Demnach sei Bluebell Capital Partners bei Kering eingestiegen und mache Druck für Veränderungen. Der Finanzinvestor habe sich zuletzt mit Unternehmensvertretern getroffen, um Effizienzsteigerungen bei der wichtigsten Marke Gucci und organisatorische Veränderungen anzumahnen. Die Kering-Aktie kletterte nach Bekanntwerden der Nachricht um gut 7 Prozent.

Die Kursentwicklung von Kering war in den vergangenen zwei Jahren enttäuschend. Daher sei der Einstieg eines Aktivisten sehr plausibel, hiess es am Markt. Für die aktivistischen Investoren dürfte es unterdessen schwierig werden, Einfluss auf das operative Geschäft zu nehmen: Der Grossteil des Konzerns gehört der Pinault-Familie, die über ihre Artemis-Holding Unternehmensangaben zufolge 42 Prozent an Kering hält.

Bei den Gesprächen mit Kering habe Bluebell auch die Vorteile einer Fusion mit Richemont zur Sprache gebracht, sagten mit der Sache vertraute Personen laut dem Bloomberg-Bericht. Der aktivistische Investor hatte den Schweizer Luxuskonzern letztes Jahr ins Visier genommen. Bluebell hatte im Sommer 2022 einen Angriff auf die Zusammensetzung und Struktur des Verwaltungsrats von Richemont gewagt. Das Kräftemessen gewann aber die Besitzerfamilie.

Des Weiteren flammten im Frühling bereits einmal Gerüchte auf, dass LVMH ein Auge auf Richemont geworfen habe. Dazu nahm Richemont damals keine Stellung.

Die Gerüchte über eine Fusion von Richemont mit Kering oder eine Übernahme durch LVMH seien nicht neu, kommentierte Patrik Schwendimann, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Für LVMH wäre die Übernahme von Richemont aus strategischen Überlegungen sehr attraktiv, mit einem Schlag wäre LVMH die Nummer 1 im sehr attraktiven Schmuckgeschäft und würde auch zu einem ernst zu nehmenden Player in der Uhrenindustrie.

"Richemont-Hauptaktionär Johann Rupert würde jedoch unseres Erachtens nie an LVMH verkaufen", so der ZKB-Spezialist. Eine Fusion mit Kering wäre insofern naheliegender, da die beiden punkto Börsenkapitalisierung etwa gleichberechtigt wären und sich ergänzen würden. Synergien gäbe es aber nur beschränkt.

Ein solches Szenario sei von daher auf absehbare Zeit unwahrscheinlich. Richemont brauche keinen Partner und Rupert wolle die Selbständigkeit unverändert bewahren, so die Meinung von Schwendimann.

(AWP)