Der Rechtsstreit zieht sich nun schon seit zehn Jahren. Seit 2013 laufen die Untersuchungen der französischen Behörden. Im Februar 2019 wurde die UBS erstmals vom Pariser Strafgericht wegen unerlaubter Geldgeschäfte und der Beihilfe zur Geldwäsche zu einer happigen Zahlung von insgesamt 4,5 Milliarden Euro verurteilt.

Und auch in zweiter Instanz wurde die Bank im Dezember 2021 schuldig gesprochen. Das französische Berufungsgericht befand, dass die Grossbank zwischen 2004 und 2012 illegal bei reichen französischen Steuerzahlern geworben hatte, um sie zur Eröffnung von nicht deklarierten Konten in der Schweiz zu bewegen.

Berufungsgericht senkte Busse bereits

Vor dem "Cour d'appel" in Paris fiel die Busse allerdings deutlich tiefer aus. Das Gericht verlangte nun eine Zahlung von insgesamt gut 1,8 Milliarden Euro. Darin enthalten ist eine Busse in der Höhe von 3,75 Millionen, die Einziehung von 1 Milliarde Euro und eine zivilrechtliche Schadenersatzzahlung von 800 Millionen.

Auch gegen dieses Urteil legte die UBS wieder Berufung ein. Am Mittwoch kommt es daher nun zu einer Anhörung vor dem Kassationsgerichtshof - der höchsten Instanz in Frankreich. Der "Supreme Court" beurteilt den Fall nicht "de novo", sondern befasst sich etwa mit der Frage, ob das Berufungsgericht das Recht korrekt angewendet hat; es überprüft Urteile auf Rechtsfehler. Die Parteien halten Plädoyers; es werden aber etwa keine neuen Beweise aufgeführt. Das Urteil wird circa sechs bis acht Wochen später erwartet.

Sollte das oberste Gericht Frankreichs etwas am Urteil zu bemängeln haben, dann würde der Fall wieder an das Appellationsgericht zurückgehen. Es würde quasi zu einem neuen Verfahren kommen. Wird die Kassationsbeschwerde der UBS allerdings abgewiesen, dann hätte die Bank auch vor der letzten Instanz in Frankreich verloren.  

Kommt es zum neuen Verfahren?

Im ersten Fall - dem neuen Verfahren - würden die Karten theoretisch wieder neu gemischt. Das Gericht hat keine Verpflichtung, ein milderes Urteil zu sprechen. Aber gemäss der Erfahrung von Experten, sobald das Urteil einmal vom Kassationshof in Frage gestellt wurde, kann die UBS auf eine tiefere Forderung hoffen.  

Im zweiten Fall - bei einer Niederlage in letzter Instanz - wäre das Urteil des Berufungsgericht in Frankreich rechtskräftig. Die UBS hätte zwar noch die Möglichkeit, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen und dort Beschwerde einzureichen. Inwiefern das allerdings in diesem Steuerstreit für die Bank sinnvoll wäre, ist fraglich.

Die UBS geht offenbar davon aus, dass sie mit ihrer Beschwerde Erfolg haben könnte. Ansonsten hätte sie wohl keinen Rekurs eingereicht. Ein Sieg würde aber auch bedeuten, dass diese Rechtsangelegenheit nochmals deutlich länger in der Schwebe bleiben wird. Manche Marktanalysten hatten bereits nach dem Urteil im Dezember 2021 die Meinung vertreten, dass es besser gewesen wäre, das Urteil zu akzeptieren und den Fall ad acta zu legen.

Schuldeingeständnis birgt Risiken

Hätte die UBS das Urteil akzeptiert, hätte sie allerdings auch den Schuldspruch akzeptiert. Damit hätte das Institut eingestanden, Kriminellen bei Geldwäscherei geholfen zu haben, was auch Risiken für die weiteren weltweiten Geschäfte birgt. Die Bank bestreitet jegliches strafrechtliche Fehlverhalten.

Wird das Verfahren vor dem Berufungsgericht tatsächlich neu aufgerollt, wird das noch länger Ressourcen und Energie absorbieren. Die UBS muss aber
derzeit mit der CS-Integration einen Kraftakt vollziehen, hat also alle Hände voll zu tun hat - zusätzlich zum operativen Geschäft. In diesen Zeiten ist es nicht unbedingt günstig, sich auch noch mit einem solch grossen Rechtsstreit rumzuärgern.

Hinzu kommt, dass sich die Liste der offenen Rechtsfälle mit der Übernahme der CS verlängert hat. Die UBS muss ja nun auch für alles geradestehen, was die Credit Suisse in der Vergangenheit verbockt hat: Archegos, Greensill, Mosambik, Bermuda - um nur einige offene Fälle zu nennen.

Rückstellung von 1,1 Milliarden Euro

Analysten hoffen bei den CS-Altlasten, dass die UBS diese möglichst bald zu den Akten legen kann. Beim Frankreich-Fall der UBS rechnen die Experten aber nicht mit einem Strategie-Wechsel und etwa, dass die Grossbank vorzeitig das Handtuch wirft. "Ich gehe nicht davon aus, dass sich in diesem Fall aufgrund der CS-Übernahme etwas geändert hat", sagte etwa Andreas Venditti von der Bank Vontobel auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Zurückgestellt hat die UBS für diesen Fall 1,1 Milliarden Euro. Es droht also ein hoher zusätzlicher Verlust, sollte der französische "Supreme Court" das Urteil des Berufungsgerichts bestätigen.

(AWP)