Nach Einschätzung von Ökonomen der UBS dürfte der Euro gegenüber dem Franken wieder auf 94 Rappen steigen. Diesen Stand hatte die europäische Gemeinschaftswährung noch Ende August und - nach einem kurzzeitigen Taucher - Anfang September. Die langfristige Tendenz ist indes eindeutig: Der Euro wertet immer weiter ab. Jüngst sank er auf ein Rekordtief bei 92,10 Rappen, aktuell steht er bei 92,40 Rappen.

Zuletzt wurde der Euro durch den schwelenden Handelskonflikt, Sorgen um die Staatsverschuldung mancher europäischer Länder und die Regierungskrise in Franken belastet. Die UBS-Ökonomen sehen nun aber eine gestiegene Wahrscheinlichkeit von Devisenkäufen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB), wie sie in einer Notiz dieser Woche schreiben. Solche Zukäufe von Euro durch die SNB stärken die Gemeinschaftswährung und wirken einer weiteren Frankenaufwertung entgegen.

Die Experten der Grossbank erwarten ausserdem eine erhöhte Nachfrage nach dem Franken als sicheren Hafen. Dies allerdings kurzfristig. Eine Entspannung der politischen und handelspolitischen Unsicherheiten in den USA dürfte die Kapitalzuflüsse dann aber verringern - womit der Aufwertungsdruck abnimmt.

Es fällt überdies auf, dass 92 Rappen zu einer Art «Grenzlinie» geworden sind. Denn in den Aufwertungsbewegungen der Schweizer Währung gegenüber den Euro hat der Franken diese Linie kaum je unterschritten. «Reiner Zufall? Die SNB greift seit Langem in der Nähe wichtiger Schwellenwerte ein», schreibt dazu Bloomberg. So wohl auch diese Woche. Denn es mehrten sich Gerüchte, dass die Schweizerische Nationalbank wieder am Markt aktiv sei.

Société Générale: Spanne zwischen 93 und 95 Rappen je Euro

Die Wahrscheinlichkeit von SNB-Devisenkäufen hängt laut der UBS von mehreren Faktoren ab, unter anderem dem Leitzins. Er liegt momentan bei 0 Prozent und das SNB-Direktorium um Präsident Martin Schlegel hat betont, die Hürde für eine weitere Zinssenkung in den Negativbereich sei hoch. Die UBS schliesst daraus, dass die SNB eben nicht auf Zinssenkungen, sondern auf Devisenmarktinterventionen setzt, um der Frankenaufwertung zu begegnen.

Nach dem die Nationalbank schon im zweiten Quartal am Devisenmarkt aktiv gewesen war, werde sie auch im dritten Quartal eingegriffen und Euro gekauft haben, schreibt Olivier Korber, Stratege der Bank Société Générale. Seiner Auffassung nach will die SNB den Euro in der Spanne zwischen 93 und 95 Rappen halten. Dies lässt zum aktuellen Stand Raum für eine Euroaufwertung. «Das Risiko einer Devisenintervention scheint derzeit maximal, sodass der Euro-Franken-Kurs unmittelbar ansteigen könnte», so Korber.

Zu einer anderen Einschätzung ist die Bank J. Safra Sarasin gelangt. Sie sieht den Euro bei 92 Rappen im ersten Halbjahr 2026 und bei 91 Rappen im zweiten Semester des kommenden Jahres.

Das am Donnerstag veröffentlichte Protokoll der SNB-Sitzung vom September deute darauf hin, dass weitere Zinssenkungen derzeit nicht zur Debatte stehen. «Daher bekräftigen wir unsere Einschätzung, dass die SNB ihren Zinssenkungszyklus wahrscheinlich beendet hat, und gehen davon aus, dass der Schweizer Franken davon profitieren wird, dass die meisten Zentralbanken weiterhin eine lockere Geldpolitik verfolgen», sagt Claudio Wewel, Währungsstratege der Bank auf Anfrage von cash.ch.

Der Aufwärtstrend des Schweizer Frankens dürfte laut Wewel gegenüber dem US-Dollar aber stärker ausfallen als gegenüber dem Euro. Dies, da sich die gesamtwirtschaftliche Dynamik im Euroraum in den kommenden Monaten voraussichtlich beschleunigen werde. Das spricht für eine festere Gemeinschaftswährung. Devisenmarktinterventionen erwartet der BJSS-Währungsexperte nur dann, «wenn der Schweizer Franken exzessiv aufwertet».

Reto Zanettin
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