Im Vorfeld des Zwischenberichts gingen die Erwartungen bei Richemont weit auseinander. Während die einen Analysten dem Genfer Luxusgüterkonzern eine positive Überraschung nachsagten, sahen andere Raum für Enttäuschungen.

Seit dem frühen Donnerstagmorgen steht nun fest: Gegenüber den ersten sechs Monaten hat sich die Umsatzentwicklung im Weihnachtsquartal zwar verlangsamt. Allerdings fällt das Wachstum zu konstanten Wechselkursen am oberen Ende der Erwartungsbandbreite aus. Das verdankt das traditionsreiche Unternehmen insbesondere einem starken Schmuckgeschäft. Letzteres kann die schleppende Entwicklung im Geschäft mit Luxusuhren auffangen.

Nachdem die Richemont-Aktie vorbörslich einen schweren Stand hatte, steigt sie an der Schweizer Börse SIX zur Stunde noch um 1,1 Prozent auf 90,12 Franken. Die Tageshöchstkurse liegen gar bei 90,90 Franken.

Voll des Lobes ist Jon Cox von Kepler Cheuvreux. Wie der bekannte Luxusgüteranalyst schreibt, übertrifft das Wachstum zu konstanten Wechselkursen mit 7 Prozent die bei 5,9 Prozent liegenden Markterwartungen. Seine eigenen Schätzungen werden dabei vollumfänglich erfüllt.

Positiv beurteilt Cox neben dem starken Schmuckabsatz auch das weiterhin zweistellige Wachstum in den Regionen Asien/Pazifik sowie Mittlerer Osten. Er empfiehlt die Richemont-Aktie deshalb weiterhin mit einem Kursziel von 100 Franken zum Kauf.

Enttäuschendes Grosshandelsgeschäft

Auch seine Berufskollegin Elena Mariani bei Morgan Stanley erachtet den Zwischenbericht für das zurückliegende dritte Quartal als überzeugend. Sie bezeichnet das Detailhandelsgeschäft als Wachstumstreiber und findet sichtlich Gefallen an der steigenden Qualität im Vertrieb. Mariani stuft die Aktie wie bis anhin mit "Overweight" und einem Kursziel von 103 Franken ein.

Für Thomas Chauvet von der Citigroup stehen die Divergenzen zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen im Vordergrund. Denn während Richemont die Prognosen im Grosshandelsgeschäft klar verfehlt hat, wartete das Unternehmen im Detailhandelsgeschäft mit zweistelligen Wachstumsraten auf. Chauvet zufolge entwickelt sich das Geschäft beim Luxusgüterkonzern weiterhin positiv. Darauf abgestützt bekräftigt er sein "Neutral" lautendes Anlageurteil mit einem Kursziel von 94 Franken.

Plausible Erklärung für die Schwäche

Neben dem enttäuschenden Grosshandelsgeschäft stösst sich der für Bernstein Research tätige Mario Ortelli auch an der schwachen Absatzsituation in Europa. In Anbetracht der Wachstumsverlangsamung hält er die mit "Market Perform" und einem Kursziel von 90 Franken eingestufte Richemont-Aktie für angemessen bewertet.

Der für BNP Paribas tätige Luca Solca begrüsst, dass der Luxusgüterkonzern im Grosshandel eine hohe Disziplin an den Tag legt und kein Anschwellen der Lagerbestände in diesem Vertriebsarm mehr zulässt. Dieser Umstand relativiere die jüngste Schwäche in diesem Geschäftsbereich, so der Luxusgüteranalyst. Seines Erachtens hat Richemont von den Fehlern aus der Vergangenheit gelern. Er empfiehlt die Aktie seit Dezember mit "Outperform" und einem Kursziel von 102 Franken zum Kauf.

Dennoch werden im hiesigen Berufshandel von der schleppenden Entwicklung im Grosshandel mit Luxusuhren negative Rückschlüsse auf den Rivalen Swatch Group gezogen. Dessen Inhaberaktie verliert zur Stunde denn auch 0,1 Prozent auf 407,80 Franken.