1991

Am 1. Dezember findet in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik ein Unabhängigkeitsreferendum statt - kurz bevor die Sowjetunion am 26. Dezember aufhört zu existieren. Über 90 Prozent der Bevölkerung stimmen dafür. Leonid Krawtschuk, seit 1990 an der Macht, erklärt die Ukraine für unabhängig und wird ihr Präsident. Er bleibt bis Juli 1994 im Amt.

1994

Im Juli wird Leonid Kutschma Präsident und behält dieses Amt bis 2005.

Im Dezember verpflichten sich im Budapester Memorandum die USA, Russland und Grossbritannien zur Einhaltung der territorialen Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine, von Belarus und Kasachstan. Im Gegenzug verzichten diese drei früheren Sowjetrepubliken auf die auf ihrem Boden stationierten Atomwaffen. Die strategischen und taktischen Atomraketen der Ukraine - das drittgrösste Arsenal der Welt - gehen bis 1996 an Russland über oder werden zerstört.

1996

Die Ukraine gibt sich eine neue Verfassung, durch die der Präsident eine starke Stellung erhält.

1997

Der russische Präsident Boris Jelzin besucht die Ukraine. Die beiden Staaten schliessen einen Grundlagenvertrag zur gegenseitigen Freundschaft, Zusammenarbeit und Anerkennung staatlicher Souveränität.

1999

Viktor Juschtschenko wird Ministerpräsident, Julia Tymoschenko seine Stellvertreterin. Beide sind pro-westlich eingestellt. Präsident Kutschma verliert zunehmend seine Legitimation, zumal ihm eine Verwicklung in den Mord an einem Journalisten vorgeworfen wird.

2002

Kutschmas Partei wird knapp Siegerin bei der Parlamentswahl. Doch bereits im März 2003 kommt es zu Protesten gegen seine Führung. Viele Demonstranten werden festgenommen.

2004

Es ist das Jahr der Orangen Revolution. Die Amtszeit von Präsident Kutschma läuft aus, er darf laut Verfassung nicht erneut kandidieren. Die alten politischen und wirtschaftlichen Eliten finden einen pro-russischen Kandidaten in Viktor Janukowytsch. Er wird im November nach einer Stichwahl gegen Juschtschenko zum Sieger erklärt. Doch Vorwürfe der Wahlfälschung rufen Massenproteste auf dem Maidan, dem zentralen Platz in Kiew, hervor. Juschtschenko erklärt sich zum Sieger. Die Wahl Janukowytschs wird für ungültig erklärt, eine neue für Dezember angesetzt. Diese Abstimmung gewinnt Juschtschenko klar.

Im Wahlkampf erkrankt Juschtschenko schwer. Es stellt sich heraus, dass er mit Dioxin vergiftet wurde. Er überlebt knapp, sein Gesicht ist entstellt.

2005

Im Januar wird Juschtschenko zum dritten Präsidenten der unabhängigen Ukraine ernannt und bleibt im Amt bis 2010. Er verspricht, das Land aus der Abhängigkeit von Russland und hin zur Europäischen Union und zur Nato zu führen.

Juschtschenko ernennt Julia Tymoschenko, die früher Chefin eines Energieunternehmens war, zur Ministerpräsidentin. Nach internen Machtkämpfen wird sie entlassen. Juschtschenko verliert Rückhalt im Volk, versprochene Reformen werden kaum umgesetzt.

2010

Bei der Stichwahl zur Präsidentenwahl im Februar treten Tymoschenko und Janukowitsch gegeneinander an. Der pro-russisch eingestellte Janukowitsch gewinnt und bleibt bis zu seiner Absetzung im Februar 2014 im Amt. Seine Präsidentschaft ist geprägt von Einschüchterung der politischen Gegner und kritischen Presse, zahlreichen Verhaftungen von Oppositionellen, Korruption und Armut in der breiten Bevölkerung.

Russland und die Ukraine schliessen einen Vertrag über russische Gaslieferungen - im Gegenzug wird der Pachtvertrag mit der russischen Marine für den Hafen auf der Halbinsel Krim verlängert. Sewastopol auf der Krim, die der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow 1954 der Ukraine überlassen hat, ist seit dem 19. Jahrhundert der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte.

Zugleich nimmt Janukowitsch Verhandlungen mit der EU über ein Handels- und Assoziierungsabkommen auf.

2013

Im November setzt die ukrainische Regierung für viele überraschend die Gespräche mit der EU aus und entscheidet sich für die Wiederbelebung der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland. Dieser Schritt löst monatelange Massenproteste in Kiew aus. So kam es am 8. Dezember zum "Marsch der Millionen" in Kiew.

Der russische Präsident Wladimir Putin wirft dem Westen vor, die Proteste anzustiften. Die ukrainischen Sicherheitskräfte gehen massiv gegen die Demonstranten vor.

2014

Anfang des Jahres schlagen die Proteste auf dem Maidan in Gewalt um. Dutzende Demonstranten werden getötet. Die Opposition fordert den Rücktritt Janukowitschs. Das Innenministerium erklärt, es unterstütze zusammen mit der Polizei die Opposition. Armee und Geheimdienst schliessen sich an. Im Februar stimmt das Parlament für die Amtsenthebung des Präsidenten und eine Neuwahl. Janukowitsch flieht aus der Ukraine und wird vom Parlament für abgesetzt erklärt.

Innerhalb weniger Tage besetzen bewaffnete Männer das Regionalparlament auf der Krim und hissen die russische Flagge. Die Regierung in Moskau annektiert nach einer Volksabstimmung im März die Halbinsel.

Im April erklären pro-russische Separatisten im Donbass im Osten ihre Unabhängigkeit. Es brechen Kämpfe zwischen den von Russland unterstützten Separatisten und der ukrainischen Armee aus. Trotz häufiger Waffenstillstände werden sie bis 2022 sporadisch fortgesetzt.

Im Mai wird der pro-westliche Milliardär und Geschäftsmann Petro Poroschenko zum Präsidenten der Ukraine gewählt.

Im September einigen sich die Ukraine, Russland, die Separatisten und die OSZE auf eine Waffenruhe. Es ist der erste Schritt zum Minsker Abkommen, das 2015 unterzeichnet wird, der Ukraine vollständige Kontrolle über das Gebiet innerhalb ihrer Staatsgrenzen zusichert, bald aber nur noch auf dem Papier besteht.

2017

Poroschenko schliesst ein Assoziierungsabkommen mit der EU über den freien Handel mit Waren und Dienstleistungen ab. Ukrainer erhalten das Recht auf visumfreies Reisen in die EU.

2019

Bei der Präsidentenwahl im April siegt Wolodymyr Selenskyj deutlich gegen Poroschenko. Der studierte Jurist, Schauspieler und Komiker ist vor allem als Präsidenten-Darsteller in der Fernsehserie "Diener des Volkes" bekannt. Er verspricht, die grassierende Korruption zu bekämpfen und den Krieg im Osten zu beenden.

2021

Selenskyj appelliert an US-Präsident Joe Biden, sein Land der Nato beitreten zu lassen. Im Frühjahr zieht Russland Truppen nahe der Grenze zusammen und spricht lediglich von Training.

Im Dezember legt Russland detaillierte Sicherheitsforderungen vor, darunter eine rechtsverbindliche Garantie, dass die Nato jede militärische Aktivität in Osteuropa und der Ukraine aufgeben wird. Daraufhin bekennt sich die Nato erneut zu ihrer Politik der offenen Tür und bietet "pragmatische Diskussionen" über Russlands Sicherheitsbedenken an.

2022

In einer Fernsehansprache am 21. Februar sagt Putin, die Ukraine sei ein integraler Bestandteil der russischen Geschichte, habe nie eine Geschichte echter Staatlichkeit gehabt, werde von ausländischen Mächten verwaltet und habe ein Marionettenregime. Putin unterzeichnet Vereinbarungen zur Anerkennung der abtrünnigen Gebiete in der Ostukraine als unabhängig und beordert russische Truppen dorthin. Der Westen verhängt weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland.

Am 24. Februar erklärt Putin in einer Fernsehansprache den Beginn des von ihm so bezeichneten militärischen Sondereinsatzes in der Ukraine. Russland startet eine dreigleisige Invasion, die mit Raketen und Artillerie auf ukrainische Streitkräfte und Luftwaffenstützpunkte abzielt und Gebiete in Städten angreift. Während Zehntausende Menschen aus ihren Häusern fliehen, befiehlt Selenskyj die allgemeine Mobilmachung. 

(Reuters)