Die Zeiten für den Luxussektor sind schwieriger geworden. Den Konsumenten sitzt das Geld nicht mehr so locker in der Tasche wie noch vor kurzem. Denn die hohe Inflation, gestiegene Zinsen, ein langsamer als erhofft verlaufender Aufschwung im wichtigen Markt China und Zeichen einer wirtschaftlichen Abkühlung in Europa und zunehmend auch in den USA dämpfen das Geschäft. Dies dürfte auch an Richemont nicht spurlos vorübergegangen sein.

Analysten erwarten bei Richemont aber für das erste Halbjahr 2023/24 weiterhin ein Umsatzwachstum. Doch dieses dürfte geringer sein als zuletzt. Allerdings, dies zeigen die Zahlen der Konkurrenz, schneiden Marken mit einer starken Preissetzungsmacht und hochwertigen Produkten weiterhin gut ab. Dabei dürfte der Bereich Schmuck (mit Cartier und Van Cleef & Arpels) wiederum besser gelaufen sein als die Uhrenmarken.

Auf Stufe Gewinn dürfte Richemont deutlich in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt sein. In der Vorjahresperiode hatte ein milliardenschwerer Goodwill-Abschreiber im Zusammenhang mit dem Verkauf der Online-Tochter YOOX-NET-A-PORTER (YNAP) noch für einen hohen Verlust gesorgt. Bei den fortgeführten Aktivitäten ergab sich dagegen im Vorjahr einen Gewinn von 2,1 Milliarden Euro. 

Die Pläne des Uhren- und Schmuckkonzerns Richemont, gemeinsam mit Farfetch eine Onlineplattform für Luxusgüter aufzubauen, sind kürzlich kartellrechtlich abgesegnet worden. Als letzte Regulierungsbehörde habe die EU ihre Zustimmung erteilt. Die Europäische Kommission hat der Transaktion laut einer Mitteilung vom 23. Oktober 2023 ohne Auflagen zugestimmt.

Am Markt dürften jegliche Aussagen des Unternehmens zur Entwicklung im Grossraum China und über die Konsumfreudigkeit der chinesischen Touristen grosse Aufmerksamkeit erhalten. Analysten hoffen auch auf ein Update zur Transaktion im Online-Geschäft zwischen Farfetch und YNAP, die kürzlich die kartellrechtlichen Genehmigungen erhalten hat.

Investoren hoffen im Rahmen der Zahlenpublikation mit Angaben zu Trends in wichtigen Märkten wie den USA oder China. An der Generalversammlung im September hatte Verwaltungsratspräsident Johann Rupert durchblicken lassen, dass die konstant höheren Preise in Europa mittlerweile auch die Kaufentscheide gut betuchter Kunden beeinträchtigen und auf deren Ausgabefreudigkeit drückten.

Die Schweizer Uhrenbranche im September noch auf Wachstumskurs

Auf kumulierter Basis (Januar bis September) beträgt das Plus der Schweizer Uhrenbranche zum Vorjahr noch 8,6 Prozent. Deutlich zulegen konnte die Firmen mit Exporten nach Hongkong (+24 Prozent), Japan (+8,7 Prozent) und Grossbritannien (+3,0 Prozent). China hingegen war noch immer rückläufig (-5,5 Prozent) und auch die Ausfuhren in die USA (-6,4 Prozent) nahmen ab. Dabei legten teure Uhren nach einem verhaltenen Juli und August deutlich zu (+8,2 Prozent), während das mittlere Preissegment mit Uhren zwischen 200 und 3000 Franken deutlich schwächer abschnitt (-11 Prozent).

Diverse Personalrochaden 

Richemont hat für den Parfumhersteller Chloé eine neue Kreativdirektorin ernannt. Chemena Kamali übernehme diese Aufgabe, wie der Luxusgüterkonzern am 9. Oktober mitteilte. Kamali arbeitete bereits früher für Chloé, zuletzt war sie bei Saint Laurent für die Marke Anthony Vaccarello zuständig.

Bei der Richemont-Marke Montblanc ist es zu einem Abgang im obersten Management gekommen. Der Chef des Herstellers von Schreibgeräten, Nicolas Baretzki, habe das Unternehmen verlassen, heisst es in einem Artikel des Uhrenblogs "Business Montes". Montblanc werde interimistisch von Philippe Fortunato geleitet, dem Chef der Division Mode und Accessoires von Richemont. Richemont selber wollte die Meldung gegenüber AWP nicht kommentieren.

Aktie kann in diesem Jahr nicht überzeugen

Im bisherigen Jahresverlauf gehören die Aktien von Richemont zu den deutlichen Verlierern unter den Blue Chips. Während sich der Gesamtmarkt gemessen am Leitindex SMI seitwärts entwickelt hat, haben die Titel von Richemont gut 7 Prozent eingebüsst. Bereits im letzten Jahr gaben die Titel rund 12 Prozent nach.

(AWP/cash)