Das umstrittene Treffen der Präsidenten der USA und Russlands in Alaska hat am Samstag eine hektische Ukraine-Diplomatie ausgelöst. Die Gruppe der Ukraine-Unterstützer will am Sonntagnachmittag über die Frage von Sicherheitsgarantien sprechen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte an, am Montag zu US-Präsident Donald Trump zu fliegen - möglicherweise in Begleitung einiger europäischen Staats- und Regierungschefs. Trump wiederum stellte ein Dreiertreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in den Raum, wenn die Gespräche erfolgreich verlaufen sollten. Kanzler Friedrich Merz sieht in der Zusagen Trump einen Fortschritt, dass sich die USA an Sicherheitsgarantien für die Ukraine beteiligen würden. Trump und Putin waren am Freitag in Alaska zu einem dreieinhalbstündigen Gespräch mit je drei Spitzenvertretern beider Seiten zusammengekommen. «Wir haben das Ziel noch nicht erreicht», sagte Trump danach bei einem gemeinsamen Auftritt mit Putin. «Aber die Chancen stehen sehr gut, dass wir es erreichen.» Man habe ein «extrem produktives» Treffen gehabt. Trump rückte in einem anschliessenden Interview mit dem TV-Sender Fox von der angekündigten Einführung von Strafzöllen gegen Käufer russischen Öls ab und erwähnte dabei ausdrücklich China.
Putin sagte nach dem Treffen, der Gipfel könne ein Ausgangspunkt sein, um den Ukraine-Konflikt beizulegen und die Beziehungen zwischen den USA und Russland wiederherzustellen. Laut der russischen Agentur Tass betonte er zudem, dass er die US-Ansichten zur Beendigung des Krieges teile. Nach Angaben eines Insiders sagten Trumps und der Unterhändler Steve Witkoff der ukrainischen Führung, dass Putin bereit sei, auf weitere Angriffe zu verzichten, wenn die Ukraine die teilweise besetzten östlichen Gebiete Donezk und Luhansk vollständig räumen würde. Dies hatte die Ukraine stets abgelehnt. Europäer Regierungen bezweifeln, dass Putin sich an eine solche Zusage halten würde.
Die Ukraine und die Europäer hatten das Treffen in Alaska deshalb mit Sorge verfolgt und Trump vor Zusagen an Putin gewarnt. Hauptgrund für die Bedenken war, dass der US-Präsident seinem russischen Amtskollegen zusagen könnte, dass die Ukraine Gebiete abtreten muss und nicht der Nato beitreten darf. Russische Truppen hatten das Nachbarland 2022 überfallen und halten derzeit ein Fünftel der Ukraine besetzt.
Trump informierte Selenskyj und die Europäer über das Treffen. Danach berieten die Europäer untereinander und veröffentlichten eine Erklärung, in der ihre weitere Unterstützung der Ukraine und die Forderung nach Souveränität und territorialer Integrität der Ukraine betont wurden.
Deutliche Kritik an dem Gipfeltreffen
Die internationalen Reaktionen fielen gemischt aus. Selenskyj dankte den USA und unterstützte den Vorschlag von Trump für ein trilaterales Treffen zwischen der Ukraine, den USA und Russland. Es sei wichtig, dass die Europäer in jeder Phase einbezogen werden, um gemeinsam mit Amerika zuverlässige Sicherheitsgarantien zu gewährleisten, schrieb er auf X. Merz lobte in Interviews, dass es mit der US-Zusage, sich an Sicherheitsgarantien zu beteiligen, einen echten Fortschritt gebe. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach davon, dass es eine Garantie ähnlich der Beistandsklausel des Artikels 5 der Nato geben könnte, ohne dass die Ukraine dem westlichen Bündnis beitritt.
Merz wies zwar den Vorwurf zurück, dass Trump in den Verhandlungen alle Forderungen der Europäer aufgegeben habe. Tatsächlich aber rückte Trump von seiner eigenen Forderung von vor einigen Tagen ab, dass es eine Waffenpause vor Verhandlungen geben sollte. Nun pocht Trump trotz anhaltender russischer Angriffe auf das Nachbarland auf schnelle Friedensverhandlungen - was Merz verteidigte. Wenn das Friedensabkommen gelinge, «ist das mehr wert als ein Waffenstillstand, der möglicherweise über Wochen andauert, ohne weitere Fortschritte in den politischen, diplomatischen Bemühungen», sagte der CDU-Politiker nun.
In Deutschland sieht der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Norbert Röttgen Putin dagegen als Gewinner des Gipfels. «Trump wollte zwar einen Waffenstillstand erreichen, aber Putin hat daran kein Interesse», sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur Reuters. Putin habe eine vor Kurzem noch unvorstellbare diplomatische Aufwertung durch Trump erfahren und es erneut geschafft, diesen von seinen Sanktionsandrohungen abzubringen. Der CDU-Aussenpolitiker Roderich Kiesewetter sprach in der ARD von einem «schwarzen Freitag».
Trump nimmt Putin in Präsidenten-Limousine mit
Auch Merz räumte im ntv/RTL-Interview eine diplomatische Aufwertung Putins ein, gegen den es einen internationalen Haftbefehl gibt. Trump hatte Putin am Tagungsort mit einer Art Applaus und mit Handschlag begrüsst und nahm ungewöhnlicherweise Putin sogar in seiner Präsidenten-Limousine mit. Beide sprachen dann aber nicht wie angekündigt unter vier Augen. Vielmehr nahmen auch US-Aussenminister Marco Rubio, Trumps Sondergesandter für Russland, Steve Witkoff, Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow und Aussenminister Sergej Lawrow teil.
(Reuters)