Im August kamen 315'000 neue Jobs ausserhalb der Landwirtschaft hinzu, wie die Regierung am Freitag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit 300'000 gerechnet, nach revidiert 526'000 im Juli. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote stieg allerdings auf 3,7 von zuvor 3,5 Prozent. Die positiv aufgenommenen US-Konjunkturdaten gaben Europas Aktienmärkten Rückenwind. Die Weltleitwährung Dollar geriet dagegen unter Druck.
Der Anstieg der Zahl der neuen Jobs fiel zwar etwa höher aus als erwartet. "Aber gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote auf 3,7 von 3,5 Prozent gestiegen", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Das sei das ideale Szenario für Anleger, die nun wüssten, dass die Notenbank Fed die Zinsen wohl kaum längerfristig aggressiv anheben werde.
Die Commerzbank-Experten Christoph Balz und Bernd Weidensteiner verweisen darauf, dass das Tempo am Arbeitsmarkt zwar etwas nachgelassen hat. Ein Stellenzuwachs von über 300.000 sei für diese Phase des Konjunkturzyklus jedoch weiterhin kräftig. Einer Faustregel folgend sei bereits ein Stellenzuwachs von rund 75'000 pro Monat ausreichend, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Jobs zu versorgen. "Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Notenbank die leichte Beruhigung am Arbeitsmarkt zum Anlass nimmt, die Leitzinsen im September nur um 50 Basispunkte zu erhöhen. Wir halten daher an unserer Prognose einer Zinserhöhung um 75 Basispunkte fest."
«Lohndruck unverändert gross»
Die Federal Reserve hat den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation zuletzt zwei Mal in Folge ungewöhnlich kräftig um 75 Basispunkte angehoben - auf die Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Sie will bald nachlegen. "Für die US-Notenbank steht das Signal auf Grün, am 21. September mit einer kräftigen Leitzinserhöhung fortzufahren", meint auch Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Zahl offener Stellen sei äusserst hoch, die Arbeitslosenquote weiterhin sehr niedrig und der Lohndruck unverändert gross. Dies ist auch an den durchschnittlichen Stundenlöhnen abzulesen: Sie stiegen im August wie bereits im Juli zum Vorjahresmonat um 5,2 Prozent.
Die Fed will die hohe Inflation von zuletzt 8,5 Prozent bekämpfen, indem sie den Preis des Geldes stetig verteuert. Sie nimmt dabei in Kauf, dass die Wirtschaft darunter leidet. US-Notenbankchef Jerome Powell machte dies zuletzt auf dem Geldpolitik-Forum in Jackson Hole deutlich und sprach davon, dass der straffe Kurs voraussichtlich mit "einigen Schmerzen" für Haushalte und Firmen verbunden sei.
Am Arbeitsmarkt ist davon jedoch noch kaum etwas zu spüren, auch wenn die Arbeitslosenquote trotz des robusten Stellenaufbaus nun anstieg. Dies wirkt auf den ersten Blick paradox. Doch die Zahlen basieren auf zwei verschiedenen Datensätzen: eine Haushaltsumfrage, aus der die Arbeitslosenquote berechnet wird und einer Arbeitgeberumfrage, aus der die Jobzahlen gewonnen werden. Laut Analyse der Commerzbank-Ökonomen hat das Arbeitsangebot im August deutlich zugenommen. Es interessierten sich demnach deutlich mehr Arbeitnehmer als im Juli für einen Job, was sich auch in der Berechnung der Arbeitslosenquote niederschlage.
Die Börsen reagieren mit Erleichterung auf die Daten, weil der Aufbau an Stellen nicht zu hoch ausgefallen ist. Der Dow Jones startete mit einem Plus von 0,8 Prozent. Der Swiss Market Index steht 1,4 Prozent höher. Vor der Veröffentlichung der Jobdaten war er 0,7 Prozent höher gestanden.
(Reuters/cash)