Die Richter des Supreme Court gaben am Freitag sechs konservativen Bundesstaaten recht, die sich gegen das Wahlversprechen des Demokraten gestellt hatten. Der Vorsitzende Richter John Roberts erklärte, die Regierung in Person des Bildungsministers habe in unzulässiger Weise die Grenzen eines vom Kongress erlassen Gesetzes zum Schuldenerlass erweitert. Biden kritisierte das Urteil. Einige Experten befürchten wegen des Urteils Folgen für die US-Konjunktur bis hin zur Auslösung einer Rezession.

"Der Plan des Ministers hat die zitierten Bestimmungen nur in demselben Sinne 'verändert', wie die Französische Revolution den Status des französischen Adels 'verändert' hat - er hat sie abgeschafft und durch ein völlig neues System ersetzt", schrieb Roberts in der Urteilsbegründung. Neben ihm stimmten auch die anderen fünf konservativen Richter gegen den Plan, während die drei liberalen dies ablehnten. Das Urteil folgt einer Entscheidung vom Vortag, bei dem das Gericht ebenfalls entlang politischer Linien faktisch die Berücksichtigung der Hautfarbe bei Bewerbungen für Universitäten für unzulässig erklärte. Auch dies wurde als Niederlage für Biden gewertet.

Dieser erklärte am Abend, man werde nun nach einem anderen Weg suchen, um den Betroffenen zu helfen. "Die heutige Entscheidung hat einen Weg verbaut. Nun werden wir einen neuen in Angriff nehmen." Ein Mitarbeiter des Präsidialamts erklärte, es werde Monate dauern, um einen alternativen Ansatz zu bewerkstelligen. Biden hatte seinen Plan im August 2022 vorgestellt. Damit sollte Millionen von Bürgern geholfen werden, die für die vergleichsweise hohen Studiengebühren in den USA Kredite beim Staat aufgenommen hatten und weniger als 125'000 Dollar im Jahr verdienen. Bis zu 43 Millionen Amerikaner sollten von dem Schritt profitieren. Als die Massnahme im November von untergeordneten Gerichten gestoppt wurde, hatten 26 Millionen Bürger einen Antrag auf die Hilfe gestellt. Diese sollte bis zu 10'000 Dollar pro Kreditnehmer betragen sowie bis zu 20'000 Dollar für Fälle im Zusammenhang mit gewissen Stipendien.

Experte: Kipppunkt für US-Wirtschaft in die Rezession

Gegen die Massnahme hatten unter anderem die sechs Staaten Arkansas, Iowa, Kansas, Missouri, Nebraska und South Carolina geklagt. Republikaner warfen der Regierung zum einen vor, ihre Befugnisse überschritten zu haben. Zu anderen sei die Massnahme unfair gegenüber anderen Studierenden, die keinen derartigen Anspruch auf einen Schuldenerlass hätten. Die Gesamtsumme aller derartiger Schulden in den USA beträgt 1,6 Billionen Dollar. Schätzungen der New Yorker Fed zufolge wären Schulden in Höhe von etwa 440 Milliarden Dollar erlassen worden - 40 Prozent der Kreditnehmer hätten gar keine Studienkredite mehr bedienen müssen.

Experten hatten angesichts der Summen im Vorfeld erklärt, das Urteil könne auch Folgen für die Konjunktur haben. Nach einer Zahlpause während der Coronavirus-Pandemie und der Klärung des Rechtsstreits müssen die betroffenen Haushalte nach drei Jahren nun wieder anfangen, jeden Monat Hunderte Dollar zurückzuzahlen. "Ich rechne mit erheblichen Auswirkungen auf die Verbraucherausgaben, sobald die Zahlungen wieder anlaufen", sagte Thomas Simons, Ökonom bei der Investmentbank Jefferies, im Vorfeld des Urteils. Die meisten betroffenen US-Bürger dürften nur begrenzt diese Ausgaben stemmen können. "Ich erwarte, dass dies der Kipppunkt sein wird, der die Wirtschaft in eine Rezession stürzt." Die US-Wirtschaft ist stark konsumabhängig.

Einer Reuters/Ipsos Umfrage von März zufolge befürworten etwa 53 Prozent der US-Bürger Bidens Plan zum Schuldenerlass, während 45 Prozent ihn ablehnten. In den USA finden im kommenden Jahr Kongress- und Präsidentschaftswahlen statt. Biden will erneut für die Demokraten antreten.

(Reuters)