Die Aktien des Spezialchemiekonzerns Clariant haben keine einfache Zeit hinter sich. Auf Jahressicht notieren sie ein Drittel tiefer, seit fünf Jahren beträgt der Verlust sogar über 60 Prozent. Am heutigen Dienstag erhalten die bereits gebeutelten Aktien einen weiteren Seitenhieb und sinken im frühen Handel zeitweise 2,4 Prozent auf 6,74 Franken.
Dem Analysten der US-Investmentbank Jefferies reisst der Geduldsfaden. Mehr als zwei Jahre empfahl das Finanzinstitut die Clariant-Titel zum Kauf, bis schliesslich das Rating im Juni dieses Jahres auf «Halten» reduziert wurde. Nun wird die Einstufung erneut angepasst: Der Experte geht auf «Underperform» und rät damit zum Verkauf. Gleichzeitig stutzt er das Kursziel von 8,30 auf 5,70 Franken - es ist das Tiefste im Markt.
Die Erholung der Gewinne von Clariant werde nach wie vor durch die anhaltende Schwäche der Endmärkte in den Bereichen Konsumgüter, Automobil und Bauwesen gebremst, schreibt der Experte. Zudem schränke die 31,5-prozentige Beteiligung von Sabic die strategische Flexibilität des Unternehmens ein.
Auch kartellrechtliche Schadenersatzforderungen stellten ein erhebliches rechtliches Risiko im Verhältnis zur Marktkapitalisierung dar. Für das Geschäftsjahr 2026 rechne er mit einem Gewinn, der rund drei Prozent unter dem Marktkonsens liege, so der Analyst.
Damit nimmt die Flut an schlechten Nachrichten für das Unternehmen nicht ab. Just gestern wurde das Stimmungsbarometer der deutschen Chemieindustrie publiziert. Auch wegen des dünnsten Auftragspolsters seit mehr als 30 Jahren hat sich die Stimmung auf der gegenüberliegenden Seite des Rheins deutlich verschlechtert.
Deshalb sind viele Analysten weiterhin vorsichtig bei Clariant. Sechs Experten raten zum Kaufen, während neun ein Halten und zwei ein Verkaufen empfehlen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 9,94 Franken und damit rund 47 Prozent über dem derzeitigen Kursniveau.
Für viele der Analysten mit einer Kaufempfehlung dürfte die niedrige Bewertung (12-Jahres-Tief bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,2) und die hohe Dividendenrendite von 6,1 Prozent ein stichhaltiger Grund für das positive Rating sein.
(cash/AWP)
