Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich überraschend robust und bietet der Notenbank Fed Spielraum für weitere kräftige Zinserhöhungen. Im vorigen Monat kamen 263'000 neue Jobs hinzu, wie die Regierung am Freitag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit 250'000 gerechnet, nach 315'000 im August. Die Anzahl der neu geschaffenen Stellen fiel somit im September niedriger aus als in den Vormonaten. "In Anbetracht der erreichten Vollbeschäftigung ist dies aber stimmig", so Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank.

Dazu passt, dass die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote auf 3,5 von zuvor 3,7 Prozent sank. Die Notenbank Federal Reserve, die Vollbeschäftigung und stabile Preise fördern soll, will die ausufernde Inflation in Höhe von zuletzt 8,3 Prozent eindämmen. Sie will damit zugleich den heiss laufenden Arbeitsmarkt abkühlen. Dabei blickt die US-Zentralbank insbesondere auch auf Anzeichen, ob sich der Lohndruck wie erhofft in dem angespannten Arbeitsmarkt etwas abschwächt.

Die Stundenlöhne stiegen im September wie prognostiziert zum Vormonat um 0,3 Prozent. Die Fed habe nun praktisch freie Hand, die Zinsen weiter anzuheben, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Investoren wüssten, dass die Notenbank zwar eine Rezession, aber keine hohe Inflation toleriere.

Dollar im Aufwind

Im September stiegen die Stundenlöhne zum Vorjahresmonat um 5,0 Prozent, nachdem sie im August noch um 5,2 Prozent zugelegt hatten. "Weiterhin ist die Zahl unbesetzter Stellen äusserst hoch und das Job-Hopping weit verbreitet. Auch das hält den Lohndruck hoch und die US-Notenbank auf Trab, die Leitzinsen noch mehr zu erhöhen", erläuterte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

LBBW-Experte Dirk Chlench sieht es allerdings als gutes Omen an, dass der Zuwachs bei den Stundenlöhnen nicht mehr so hoch ausfällt wie noch vor einigen Monaten. Dies gebe Anlass zur Hoffnung, dass in den Vereinigten Staaten im Gegensatz zur Euro-Zone eine konjunkturell sanfte Landung gelingen werde: "Dementsprechend reagierte der US-Dollar zu Recht mit Kursgewinnen gegenüber dem Euro", so sein Fazit. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, näherte sich wieder seinem jüngsten 20-Jahres-Hoch und stieg auf 112,43 Punkte.

In Erwartung weiterer drastischer Zinserhöhungen der Fed zogen sich Anleger zugleich aus Aktien und Anleihen zurück. Die Fed treibt den Preis für geliehenes Geld bereits seit Monaten in ungewöhnlich grossen Schritten nach oben. Sie hat das Zinsniveau drei Mal in Folge um einen Dreiviertel-Prozentpunkt angehoben - zuletzt auf die Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent. Viele Führungsmitglieder der Fed signalisierten, dass sie an dem aggressiven Zinskurs festhalten wollen - auch wenn die Wirtschaft darunter zu leiden hat. An den Terminmärkten wird die Chance auf einen weiteren Jumbo-Zinsschritt im November auf mittlerweile 92 Prozent taxiert.

(Reuters)