Dies geht aus den am Mittwoch vorgelegten Protokollen der jüngsten geldpolitischen Sitzung hervor. Die Teilnehmer gehen demnach unbeirrt davon aus, dass ihr Inflationsziel von zwei Prozent mittelfristig erreicht wird. Doch räumten sie ein, dass das Abebben der Inflationswelle wahrscheinlich länger dauern dürfte als zunächst angenommen. Händler gingen nach Veröffentlichung der Protokolle weiterhin davon aus, dass eine erste Zinssenkung im September anstehen dürfte. Die Chancen auf einen zweiten Schritt nach unten im Dezember wurden jedoch nur noch auf rund 50 Prozent taxiert. Die Mitschriften, die Zinsfantasien somit keine neue Nahrung gaben, sorgten für zurückhaltende Stimmung am Aktienmarkt. Die wichtigsten Indizes an der Wall Street pendelten sich knapp unter den Verlusten von jeweils fast einem halben Prozent ein, die sie rund eine halbe Stunde vor der Veröffentlichung ausgebaut hatten.

Die US-Währungshüter um Zentralbank-Chef Jerome Powell hatten am 1. Mai beschlossen, den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent zu belassen. Die Federal Reserve erklärte danach, in den vergangenen Monaten habe es keine weiteren Fortschritte in Richtung des Inflationsziels von zwei Prozent gegeben. Eine Zinswende sei nicht angebracht, solange die Währungshüter nicht mehr Zuversicht hätten, dass sich die Teuerungsrate nachhaltig dem Ziel der Fed nähere. Powell hatte bereits durchblicken lassen, dass die Hochzinspolitik noch länger Bestand haben müsse, um die Inflationswelle zu brechen.

Wie aus den Protokollen hervorgeht, ist auch eine Zinserhöhung kein Tabu. Verschiedene Teilnehmer äusserten demnach die Bereitschaft, die Geldpolitik weiter zu straffen, falls sich die Inflationsrisiken so konkretisieren sollten, dass ein solcher Schritt angebracht wäre. Fed-Direktoriumsmitglied Christopher Waller hatte jüngst allerdings gesagt, Daten deuteten darauf hin, dass die Inflation nicht zunehme. Weitere Leitzinserhöhungen seien daher wahrscheinlich unnötig. Die Teuerungsrate war im April leicht auf 3,4 von 3,5 Prozent im März zurückgegangen.

(Reuters)