Der Optimismus, dass die Federal Reserve ihren aggressivsten Zinserhöhungszyklus hinter sich lassen wird, hat den S&P 500 Information Technology Index im Jahr 2023 um 19 Prozent nach oben getrieben. Im Vergleich dazu steigt der breiter gefasste S&P 500 Index nur um 7,7 Prozent an. Das ist der stärkste Jahresauftakt von Info-Tech im Vergleich zum S&P 500 seit 2009. 

Ein Bewertungsmodell zeigt jedoch, dass die Euphorie zu weit gegangen ist. Tech-Aktien im S&P 500 werden mit fast dem 25-Fachen der voraussichtlichen Gewinne gehandelt. Um ein solches Multiple zu rechtfertigen, müsste die Fed die Zinsen um mindestens 300 Basispunkte senken, wie Daten von Bloomberg Intelligence zeigen. Das ist mehr als das Fünffache dessen, was der Swap-Markt für Zinssenkungen in diesem Jahr einpreist.

"Händler setzen auf eine grosse Kehrtwende in der Zinspolitik der Fed, aber es gibt keine Gewissheit, ob und wann dies geschehen wird", sagte Quincy Krosby, Chief Global Strategist bei LPL Financial. "Langfristig sind die Wachstumsaussichten des Sektors attraktiv, aber nicht bei den aktuellen Bewertungen." Ein düsterer Gewinnausblick für Technologieunternehmen stützt die Skepsis. Analysten erwarten einen 15-prozentigen Einbruch der Gewinne des Sektors im ersten Quartal.

Tech-Bullen wurden durch die Möglichkeit ermutigt, dass die Fed kurz davor steht, ihre Zinserhöhungen zu beenden. Das gab den Technologieaktien des S&P 500 deutlichen Rückenwind. Ein grosser Teil dieser Gewinne erfolgte im März, als Chaos im US-Bankensystem ausbrach und die sinkenden Zinsrenditen Händler dazu veranlassten haben, verstärkt in liquide Technologieunternehmen zu investieren.

Fünf Aktien, die allgemein als Megacap-Überflieger definiert werden - Apple, Microsoft, Nvidia, Meta und Amazon - waren in diesem Jahr für zwei Drittel des Anstiegs des S&P 500 verantwortlich. Microsoft wird diese Woche Ergebnisse vorlegen.

Optionshändler sind jedoch nicht so optimistisch wie Aktienanleger. Die Kosten für Kontrakte, die vor einem 10-prozentigen Rückgang des Invesco QQQ Trust schützen, dem grössten börsengehandelten Fonds, der den Nasdaq 100 Index abbildet, sind jetzt 1,7-mal höher als die Kosten für Optionen, die von einer 10-prozentigen Rally profitieren. Das ist der höchste Wert in einem Jahr. Die Strategen von JP Morgan und Morgan Stanley stimmen den Optionshändlern zu und meinen, dass die Tech-Rallye nicht nachhaltig erscheint.

Fed entscheidet über weitere Richtung

Technologieaktien befinden sich auf einem wilden Ritt, seit die Zentralbank im März 2022 begann, die Zinsen zu erhöhen – sie fielen den grössten Teil des letzten Jahres und erholten sich dann aggressiv. Fed-Vertreter hoben die Zinssätze letzten Monat um einen Viertelprozentpunkt an und brachten den Leitzins auf eine Zielspanne von 4,75 Prozent bis 5 Prozent. An die Fed gekoppelte Swaps rechnen in diesem Jahr mit einer Senkung um etwa 57 Basispunkte, wodurch der Leitzins von einem erwarteten Höchststand von 5,12 Prozent im Juni auf 4,55 Prozent im Dezember sinken würde.

Nichts davon ist in Stein gemeisselt, zumal die Inflation immer noch deutlich über dem Ziel der Fed liegt. Strategen des Wells Fargo Investment Institute und der BNP Paribas sind eher skeptisch für Zinssenkungen in diesem Jahr und prognostizieren, dass die ersten Zinssenkungen in Übersee nicht vor Anfang 2024 erfolgen werden.

"Diese Fed möchte unbedingt vermeiden, ihren anfänglichen Fehler, die Inflation als vorübergehend zu bezeichnen, noch zu verstärken, indem sie sie jetzt vorzeitig für tot erklärt", sagte Sameer Samana, Senior Global Market Strategist am Wells Fargo Investment, in einer E-Mail. "Wenn überhaupt, bleiben sie möglicherweise zu lange falkenhaft, anstatt schnell zu Kürzungen überzugehen. Das ist ein unterschätztes Risiko an den Märkten."

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, dass möglicherweise noch höhere Preise bei den Tech-Aktien kurzfristig drin liegen. In den letzten vier Zinserhöhungszyklen, die bis Mitte der 1990er Jahre zurückreichen, haben Technologieaktien laut Daten von Strategas Securities eine durchschnittliche jährliche Rendite von 21 Prozent erzielt. Bisher ist der S&P 500 Information Technology Index in diesem Zinserhöhungszyklus nur um 1 Prozent gestiegen und wird von mehreren anderen Sektoren übertroffen.

"Investoren sehen die derzeitigen Zinserhöhungen nach einem sehr aggressiven Zinserhöhungszyklus nun kurz vor dem Ende", sagte Todd Sohn, Managing Director of Technical Strategy bei Strategas. "Das hat dazu beigetragen, die Rallye der Technologieaktien in diesem Jahr zu untermauern."

(Bloomberg)