In den nächsten 48 Stunden bis Mittwoch werde es noch viele Wendungen in letzter Minute geben, kündigte US-Finanzminister Scott Bessent am Montag an. Mitte der Woche endet die von US-Präsident Donald Trump gesetzte Frist für Verhandlungen. Bis dahin sind einige der neuen US-Zölle gegen wichtige Handelspartner ausgesetzt. Allerdings hatte Trump am Sonntag signalisiert, dass die neuen Zölle erst ab Anfang August greifen würden, was noch gut drei Wochen Zeit für weitere Gespräche lässt.

«Viele Leute haben ihre Meinung zu den Verhandlungen geändert», sagte Bessent in einem CNBC-Interview. Es gebe zahlreiche neue Angebote und Vorschläge. «Es werden also ein paar arbeitsreiche Tage werden.» Trump kündigte an, noch am Montag ab 18.00 Uhr (MESZ) Briefe zum Zollstreit versenden zu wollen. Diese würden nicht unbedingt ein Ultimatum darstellen, so Bessent. Er liess offen, mit welchen Ländern es zu welchen Konditionen ein Abkommen geben könnte.

In Europa gehen Experten nicht davon aus, dass die USA die Verhandlungen mit der EU als aussichtslos einstufen werden. Besonders im Automobilbereich gelten die Gespräche aber als schwierig. Bessent hatte zuletzt bereits gesagt, die Gespräche mit der Europäischen Union machten Fortschritte. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich für ein schnelles Rahmenabkommen ausgesprochen statt langer Detailverhandlungen. Bessent zufolge werden sich die USA auf 18 grössere Handelspartner fokussieren, die für 95 Prozent des US-Handelsdefizits verantwortlich sind. Trump will dieses mit den Verhandlungen zugunsten der USA verschieben.

Von der Leyen: Gutes Gespräch mit Trump

Seit seiner Rückkehr ins Weisse Haus hat der Republikaner fast alle wichtigen Handelspartner mit Sonderzöllen überzogen. Bis zu einer Verständigung gilt in den meisten Fällen ein US-Zoll von zehn Prozent. Für die EU würden sie ohne Einigung auf 20 Prozent steigen, für einzelne Branchen aber womöglich noch höher liegen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nach Angaben der Brüsseler Behörde am Sonntag mit Trump gesprochen. Es sei ein guter Austausch gewesen. Die EU und die USA hätten zuletzt gute Fortschritte erzielt, um im Handelsstreit ein Grundsatzabkommen schaffen zu können, teilte die EU-Kommission mit. Ziel sei es weiterhin, bis zum 9. Juli eine Einigung zustande zu bringen. «Wir wollen Zölle vermeiden.» Sonst werde es für beide Seiten schmerzhaft. Es brauche ein Ergebnis, das für die USA und die EU Vorteile bringe.

Drohung gegen BRICS-Staaten

Trump drohte in der Nacht zu Montag in einem Internet-Post auch mit Strafzöllen für eine Annäherung von Staaten an die Brics-Gruppe der grossen Schwellenländer rund um China und Russland. «Jedes Land, das sich der anti-amerikanischen Politik der Brics anschliesst, wird mit einem ZUSÄTZLICHEN Zoll von zehn Prozent belegt. Es wird keine Ausnahmen von dieser Politik geben.» Was genau er unter «anti-amerikanischer Politik» versteht, liess er offen. Zuvor hatte die Staatengruppe zum Auftakt ihres zweitägigen Gipfels in Rio de Janeiro am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung vor den Gefahren von Zöllen für den Welthandel gewarnt.

Die US-Handelspolitik wirkt sich laut Münchner Ifo-Institut sehr unterschiedlich in Deutschland aus. Das Saarland, Niedersachsen und Baden-Württemberg verlieren am meisten Wertschöpfung, wie aus der am Montag veröffentlichten Untersuchung hervorgeht. Sachsen-Anhalt und die norddeutschen Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern schrumpfen demnach am wenigsten. «Entscheidend sind strukturelle Unterschiede zwischen den Bundesländern wie eine starke Präsenz der Automobilindustrie», sagte Ifo-Konjunkturexperte Robert Lehmann. 

(Reuters)