Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank arbeiteten die US-Behörden seit gestern mit Hochdruck daran, die Nervosität bezüglich der Gesundheit des Finanzsystems einzudämmen. Dazu führten sie ein neues Programm für Banken ein, das nach Angaben von Fed-Offiziellen gross genug ist, um die Einlagen der Amerikaner zu garantieren.
Das Finanzministerium, die Federal Reserve und die Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corp. (FDIC) gaben am Sonntag eine gemeinsame Erklärung dazu heraus, wie nach dem SVB-Kollaps die Zuversicht in das Bankensystem gestärkt werden soll. Die Besorgnis hatte gestern neuen Schub durch die Nachricht erhalten, dass die Aufsicht die New Yorker Signature Bank geschlossen haben.
Zur Begrenzung der Ausstrahlungseffekte wurden die Regulierungsbehörden in mehreren Bereichen zugleich aktiv:
Das Hauptaugenmerk der Aufsichtsbehörden liegt offenkundig darauf sicherzustellen, dass die Einleger — sowohl Unternehmen als auch Private — ihre Gelder zurückerhalten. Das soll einen Ansturm auf die Banken vermeiden, der das Risiko einer Rezession erhöhen könnte — zu einer Zeit, in der Fed die Zinssätze weiter anhebt, um die Inflation einzudämmen.
In Grossbritannien begann der Montag mit der Ankündigung der HSBC, den britischen Zweig der Silicon Valley Bank zu übernehmen. Dies war der Höhepunkt eines Wochenendes, an dem Minister und Banker in London verschiedene Möglichkeiten ausloteten, um den Zusammenbruch der SVB-Einheit abzuwenden.
(Reuters)
Die von Massnahmen zur Stützung des Finanzsektors trieben US-Aktienfutures und Treasuries nach oben. Kontrakte auf den S&P 500 lagen um 7:27 Uhr in London um 1,5% höher. Bankaktien waren vergangene Woche so stark eingebrochen wie seit dem Pandemieschock im März 2020 nicht mehr.
US-Finanzministerin Janet Yellen sagte, die am Sonntag ergriffenen Massnahmen würden “alle Einleger” schützen und signalisierte damit auch Hilfe für diejenigen, deren Konten die typische Schwelle von 250.000 Dollar für die FDIC-Versicherung überschreiten.
Die Fed erklärte, dass die neue Fazilität im Rahmen der Notfallbefugnis der Fed eingerichtet wird, die ein so breit angelegtes Programms unter “ungewöhnlichen und dringenden Umständen” ermöglicht. Das US-Finanzministerium stellt bis zu 25 Milliarden Dollar aus dem Devisenstabilisierungsfonds für das Programm zur Verfügung stellen, wobei die Fed nicht damit rechnet den Betrag zu benötigen.
Im Rahmen des neuen Programms, das Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr vorsieht, werden die Sicherheiten zum Nennwert bewertet, so dass Banken mehr als üblich für die Wertpapiere erhalten können — etwa für Treasuries, die im Wert gesunken sind, weil die Fed die Zinssätze erhöht hat. Normalerweise vergibt die Fed im Rahmen des “discount window” Geld mit einem Abschlag auf die als Sicherheiten gestellten Vermögenswerte.
Das Notkreditprogramm ist “ein Eingeständnis nicht nur des systemischen Risikos, sondern auch der Tatsache, dass die Risiken so ungewöhnlich und dringend sind, dass die Nichtinanspruchnahme dieser Liquidität eine Finanzkrise auslösen könnte”, so Peter Conti-Brown, Professor an der Wharton School der University of Pennsylvania.
Die US-Behörden betonten, dass die Steuerzahler nicht für den Schutz der Einlagen von SVB und Signature aufkommen würden. Finanzministerium und Fed wiesen die Interpretation zurück, dass die Banken gerettet werden. Vielmehr werden Aktionäre und bestimmte ungesicherte Gläubiger leer ausgehen und sei das Management entlassen worden.
US-Präsident Joe Biden erklärte am Sonntagabend, dass die Lösung “amerikanische Arbeiter und kleine Unternehmen schützt und unser Finanzsystem sicher erhält”.
Dennoch wurden kritische Stimmen laut, die die Massnahme als zu freigiebig dem Bankensektor gegenüber ansehen. “Wenn die Fed jetzt jeden unterstützt, der mit Problemen bei Aktiva und Zinsen kämpft, dann lässt sie de facto eine massive Lockerung der finanziellen Bedingungen sowie ein starkes Moral Hazard zu”, schreiben Michael Every und Ben Picton, Strategen bei der Rabobank.
Für die Fed wird der Zusammenbruch zweier regionaler Grossbanken ein Prüfstein für ihre Entschlossenheit sein, wenn sie ihre nächste Zinsentscheidung trifft. Fed-Chef Jerome Powell hatte erst letzte Woche die Tür für eine erneute Anhebung der Zinsen um 50 Basispunkte auf der geldpolitischen Sitzung am 21. und 22. März geöffnet. Die Turbulenzen im Bankensektor dürften die Hürde für einen solchen Schritt jedoch erhöhen.
Während die Ökonomen von JPMorgan ihre Prognose für eine Zinserhöhung um einen Viertelpunkt durch die Fed im März beibehielten, sagten ihre Kollegen von Goldman Sachs, dass sie nicht mehr mit einer Zinserhöhung rechnen.
(Bloomberg)