«Die Schweiz und die USA haben erfolgreich eine Lösung erreicht: Die US-Zölle werden auf 15 Prozent gesenkt», schrieb der Bundesrat am Freitagnachmittag auf der Online-Plattform X. Und weiter: «Danke Präsident Trump für das konstruktive Engagement.» 

«Die Schweizer Wirtschaft verpflichtet sich dafür, in den nächsten Jahren in den USA Investitionen von 200 Milliarden Dollar zu tätigen», erklärte Wirtschaftsminister Guy Parmelin. «Dieses Angebot an die USA ist nur dank dem gemeinsamen Engagement der Politik und Wirtschaft möglich.» Die Schweizer Regierung erklärte, sie danke US-Präsident Donald Trump.

Nach der Einigung geht Parmelin davon aus, dass die US-Zölle auf Schweizer Produkte innert relativ kurzer Zeit von 39 auf 15 Prozent sinken. Er sprach von einigen Wochen. Den USA sei ein schneller unilateraler Prozess wichtig gewesen. In diesem Prozess entschieden sie unilateral über die Senkung und dafür reiche die Absichtserklärung aus, sagte Parmelin.

Die zugesicherten Investitionen in den USA hätte er gern in der Schweiz behalten, räumte Parmelin ein. Darum möchte der Bundesrat die administrativen Kosten für die Unternehmen weiter senken. Hier seien weitere Massnahmen in der Konsultation und sollten bis Ende Jahr vorliegen.

Helene Budliger Artieda, Direktorin des Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), ergänzte, die zugesicherten 200 Milliarden-Investitionen in den USA seien ausserordentlich hoch und erfolgten ausserordentlich schnell, nämlich bis 2028. Die Schweiz sei indessen immer Nettoinvestorin gewesen. Zudem gehe es auch um Kapazitäten: Es stelle sich die Frage, wo man die Fabriken bauen und die Arbeitskräfte finden wolle.

Zeitgleich mit der Senkung der US-Zölle baut die Schweiz im Rahmen der Übereinkunft Einfuhrzölle auf eine Reihe von US-Produkten ab. Dabei handelt es sich, neben sämtlichen Industrieprodukten und Fisch und Meeresfrüchte, um aus Sicht der Schweiz «nicht-sensitive Agrarprodukte der USA», teilte der Bund während der Medienkonferenz in Bern mit. Für weitere Exportinteressen der USA habe man sich auf eine Lösung einigen können, welche die agrarpolitischen Interessen der Schweiz berücksichtige, hiess es am Freitag weiter.

Im August hatte Trump Zölle von 39 Prozent verhängt und der Schweiz damit einen der weltweit höchsten Sätze überhaupt aufgebrummt. Er begründete dies mit dem hohen Handelsdefizit der USA gegenüber der Schweiz. Der Schritt gefährdete den Zugang für Schweizer Hersteller von Präzisionsmaschinen, Uhren und Schokolade zu einem ihrer grössten Märkte. Die Ausfuhren der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallbranche brachen innerhalb von Wochen um 14,2 Prozent ein. 

Eine Rolex für Trump

Die Bemühungen des Landes gewannen vergangene Woche an Fahrt, als sechs führende Vertreter der Schweizer Wirtschaft mit Trump im Weissen Haus zusammentrafen. Die Delegation, zu der auch der Chef des Luxusuhrenherstellers Rolex und der Mitgründer des Finanzinvestors Partners Group gehörte, überreichte Trump Medienberichten zufolge eine Rolex-Uhr für seine Präsidentenbibliothek und einen speziell gravierten Goldbarren. Danach wies der Präsident seinen Handelsbeauftragten Jamieson Greer an, die direkten Verhandlungen zu intensivieren.

Vor allem die Uhren-, Medizinal- und Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie dürften nun von tieferen Zöllen profitieren, wie die UBS auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP festhielt. Mit der Zollsenkung entfalle für die betroffenen Branchen auch der Wettbewerbsnachteil insbesondere gegenüber der EU-Konkurrenz, hiess es von der Luzerner Kantonalbank.

Für EU-Güter gilt bereits seit einigen Monaten ein tieferer US-Zoll von 15 Prozent. Mit der Angleichung der Zölle dürfte zudem der Druck auf Schweizer Exporteure, ihre Produktion in die EU oder in die USA zu verlagern, abnehmen.

Der Techindustrie-Dachverband Swissmem sieht den Deal mit den USA im Zollstreit grundsätzlich positiv. Er warnt aber gleichzeitig vor übertriebenen Hoffnungen mit Blick auf die Situation seiner Mitgliedfirmen. Die Nachverhandlungen des Bundesrates mit der US-Regierung hätten sich ausbezahlt, schreibt der Verband am Freitag in einer Mitteilung im Anschluss an die Bekanntgabe eines künftigen US-Zolltarifs für Produkte aus der Schweiz von 15 Prozent. Die massiven tarifären Nachteile gegenüber den Konkurrenten unter anderem aus der EU und Japan würden damit wegfallen.

Dies bedeutet laut Swissmem aber lediglich ein kurzes Aufatmen. Denn von einer Entwarnung könne noch keine Rede sein. Weiterhin würden sich viele Faktoren negativ auf die Chancen der Schweizer Exportindustrie auswirken.

Stabilität und Berechenbarkeit sind nicht absehbar

Denn erstens hätten die vergangenen Monate gezeigt, dass sich die Situation jederzeit wieder schlagartig ändern könne, Stabilität und Berechenbarkeit seien nicht absehbar. Zweitens herrsche wegen des starken Frankens und schwacher Währungen der europäischen und japanischen Konkurrenz weiterhin ein schädlicher Preisaufschlag für Schweizer Produkte.

Und drittens blieben die Zölle auf vielen Stahlprodukten von 50 Prozent bestehen. Zudem liefen weitere US-Untersuchungen, die zu zusätzlichen Zöllen führen könnten. Die Unsicherheit im Welthandel bleibt viertens riesig und die Investitionsbereitschaft entsprechend gering, so der Verband weiter.

Der Druck auf die Unternehmen der Schweizer Tech-Industrie bleibe nach mittlerweile neun Quartalen mit Umsatz-Rückgang enorm. Die Devise sei deshalb klar: «Die Politik muss die Rahmenbedingungen für den Werkplatz entschlossen verbessern.»

Auch der auf MEM-KMU spezialisierte Verband Swissmechanic begrüsst den Deal. Für die MEM-Branche sei die Senkung «eine gute Nachricht», sagte Nicola Tettamanti, Präsident von Swissmechanic, zur Nachrichtenagentur AWP. «Erstmals haben wir wieder gleiche Rahmenbedingungen im US-Markt wie unsere europäischen Wettbewerber.»

Insgesamt bleibe die Gesamtlage aber schwierig. «Der starke Franken und hohe Herstellungskosten bleiben bestehen», so Tettamanti weiter. Zudem würde die Branche unter einer schwankenden Nachfrage, hohen Energiekosten und einer global angespannten Investitionsdynamik leiden. «Swissmechanic bewertet die Zollreduktion deshalb als einen wichtigen, aber nicht ausreichenden Hebel», teilte der Verband weiter mit.

Handel Schweiz begrüsst die erzielte Einigung im Zoll-Streit mit den USA. «Die Lösung ist ein wichtiges Signal an den Handelsplatz Schweiz und bringt dringend benötigte Planungssicherheit für die Wirtschaft», so Direktor Kaspar Engeli. Der neue Deal sichere zudem die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts.

Der Branchenverband Interpharma begrüsst die Einigung im Zollstreit mit den USA. Zugleich verweist er darauf, dass für die Pharmaunternehmen die grössten Probleme noch ungelöst seien. Die Senkung der Zölle auf Schweizer Importe in die USA werde den Wirtschaftsstandort Schweiz massgeblich entlasten, schreibt der Verband in einem Beitrag auf der Wirtschaftsplattform LinkedIn. Für den Grossteil der Wirtschaft in der Schweiz herrsche nun zumindest etwas mehr Klarheit.

Die Schweizer Pharmaindustrie stehe jedoch weiterhin unter grossem Druck. Dies insbesondere, weil sie seit dieser Woche zu einem Referenzland für US-Medikamentenpreise geworden sei. Das bedeute einen erheblichen Druck auf die Preisfestsetzung. Denn wenn die Schweiz als Benchmark für die USA diene, würden Medikamente hierzulande nur noch zu mit den USA vergleichbaren Preisen angeboten oder kämen gar nicht, respektive massiv verzögert, auf den Markt. Interpharma ruft die Politik dazu auf, die Preisfestsetzung für innovative Medikamente zu modernisieren und auf weitere reine Kostensenkungsmassnahmen zu verzichten.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse begrüsst den Abschluss des Zoll-Abkommens mit den USA. Doch damit seien bei weitem nicht alle Probleme des Wirtschaftsstandorts Schweiz gelöst und es brauche weitere Massnahmen zu dessen Stärkung.

Die Zölle hätten die exportorientierte Schweizer Wirtschaft in den vergangenen Monaten sehr belastet und seien für gewisse Firmen existenzbedrohend gewesen, schreibt Economiesuisse in einer Stellungnahme vom Freitagabend. Mit dem neuen Abkommen erhalte die Schweiz nun gleich lange Spiesse wie die EU-/EFTA-Staaten.

Jedoch stellten auch die US-Zölle in Höhe von 15 Prozent eine Belastung für Schweizer Exportunternehmen dar. Die Unsicherheit bleibe, der Protektionismus nehme weltweit zu und im Inland schränke die immer feinmaschigere Regulierung die unternehmerische Freiheit ein und verteuere die Produktion.

Economiesuisse fordert, der Standort Schweiz müsse wieder gestärkt werden. Er dürfe nicht durch Gesetze und Verordnungen eingeschränkt werden. Und die Kostenlast für Unternehmen und Arbeitnehmende müsse rasch und massgeblich reduziert werden.

(AWP/cash/Reuters)