US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Freitag eine entsprechende Verordnung. «Hören Sie auf, Leute zu holen, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen», sagte US-Handelsminister Howard Lutnick an die Adresse grosser US-Unternehmen. Die Änderung für die H-1B genannten Arbeitsvisa solle bereits ab diesem Sonntag gelten.

Als Reaktion darauf riefen grosse US-Techfirmen wie Microsoft, JPMorgan und Amazon Mitarbeiter auf, in den USA zu bleiben oder schnell zurückzukehren. Das Weisse Haus erklärte laut einem Medienbericht, die neue Regelung nur für neue Visa gelten.

Die Änderung könnte dem US-Technologiesektor schwer treffen, der stark auf qualifizierte Arbeitskräfte aus Indien und China angewiesen ist. In den USA hat sich die Zahl ausländischer Arbeitskräfte im so genannten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zwischen 2000 und 2019 auf fast 2,5 Millionen mehr als verdoppelt, während die Gesamtbeschäftigung bei MINT in der Zeit nur um 44,5 Prozent stieg. Indien war 2024 mit 71 Prozent der genehmigten H-1B-Visa der grösste Nutzniesser, gefolgt von China mit 11,7 Prozent.

Trump geht seit seinem Amtsantritt im Januar umfassend gegen Einwanderung vor und will auch einige Formen legaler Einwanderung einschränken. Der H-1B-Visa-Umbau ist der bisher aufsehenerregendste Versuch, die befristeten Arbeitsvisa zu überarbeiten. Trumps Ankündigung, gegen H-1B-Visa vorzugehen, ist zu einem echten Streitpunkt mit der Tech-Industrie geworden, die Millionen von Dollar in Trumps Wahlkampf investiert hat.

Offenbar waren viele Details der Neuerung zunächst unklar. So hiess es in einer Mail von Ogletree Deakins, das Visaanträge für die US-Investmentbank JPMorgan bearbeitet und an deren Mitarbeiter schickte: «Inhaber von H-1B-Visa, die sich derzeit in den USA aufhalten, sollten in den USA bleiben und Auslandsreisen vermeiden, bis die Regierung klare Reiseanweisungen herausgibt.»

Kritiker von H-1B, darunter US-Bürger, die in der Tech-Branche arbeiten, argumentieren, dass es Firmen erlaubt, Löhne zu drücken und Amerikaner zu verdrängen, die die Jobs ebenfalls machen könnten. In dem von Trump am Freitag unterzeichneten Papier hiess es, einige Arbeitgeber hätten das Programm ausgenutzt, um Löhne niedrig zu halten und damit US-Arbeitskräfte zu benachteiligen.

Befürworter, darunter der Tesla-Chef und ehemalige Trump-Verbündete Elon Musk, sagen hingegen, das Programm bringe hochqualifizierte Arbeitskräfte ins Land. Diese seien wichtig, um Talentlücken zu schliessen und Firmen wettbewerbsfähig zu halten. Musk ist selbst eingebürgerter US-Bürger und hat ein H-1B-Visum erhalten.

Tech-Firmen warnten sich in ersten Reaktionen vor Auswirkungen des Vorhabens. Die Einführung neuer Gebühren «schreckt davon ab, die klügsten Köpfe der Welt in die USA zu holen», schrieb etwa Deedy Das von der Risikokapitalfirma Menlo Ventures auf X. «Wenn die USA aufhören, die besten Talente anzuziehen, schränkt das ihre Fähigkeit zur Innovation und zum Wachstum der Wirtschaft drastisch ein.»

Einige Analysten gehen davon aus, dass die Gebühr Firmen zwingen könnte, hochwertige Arbeiten ins Ausland zu verlagern, Der Schritt könnte zusätzliche Kosten in Millionenhöhe verursachen, was kleinere Unternehmen und Start-ups besonders treffen könnte.

«Kurzfristig mag Washington einen Gewinn erzielen, langfristig riskieren die USA, ihren Vorsprung bei Innovationen zu verspielen und Dynamik gegen kurzsichtigen Protektionismus einzutauschen», sagte Analyst Jeremy Goldman von eMarketer. Nach dem derzeitigen System ist zunächst nur eine geringe Gebühr zu entrichten.

Bei einer Genehmigung können sich die Folgegebühren auf mehrere tausend Dollar belaufen. Die Visagebühren müssen fast vollständig von den Arbeitgebern getragen werden. Die H-1B-Visa werden für einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren genehmigt.

In der ersten Hälfte des Jahres 2025 wurden Amazon und seiner Cloud-Computing-Sparte AWS mehr als 12.000 H-1B-Visa genehmigt, bei Microsoft und Meta waren es jeweils mehr als 5000. Lutnick sagte am Freitag, dass «alle grossen Unternehmen mit an Bord» seien bei den 100.000 Dollar pro Jahr für H-1B-Visa. Man habe mit den Firmen bereits gesprochen. 

(Reuters)