Die Immobilienbranche ist bei Anlegern beliebt. Kein Wunder: Der Anlagenotstand kombiniert mit den 2015 eingeführten Negativzins in der Schweiz spielen dem Immobilienmarkt in die Hände. Die vorhandene Liquidität muss irgendwo parkiert werden. Stabile Schweizer Unternehmen sind da eine willkommene Investition, vor allem im Immobilienbereich.

Und der Schub des Immobiliensektors ist an der Börse deutlich spürbar: Der Real Estate Index der Schweizer Börse legte in den letzten 52 Wochen um 8,7 Prozent zu, allein in diesem Jahr sind es 6,3 Prozent. Darüber hinaus bekommt die Familie der kotierten Immobilienunternehmen in der Schweiz regelmässig Zuwachs. Seit 2014 haben sich Hiag, Plazza und Investis neu kotieren lassen, nun hat am heutigen Dienstag mit Varia US Properties die nächste Firma dieser Zunft diesen Schritt angekündigt.

Das in Zug ansässige Immobilienunternehmen Varia US Properties will mit einem IPO an der Schweizer Börse sein Kapital erhöhen. Der Erlös soll zum Erwerb weiterer Immobilien, für die Schuldenreduzierung sowie für allgemeine Geschäftszwecke verwendet werden. Abhängig von den Marktbedingungen soll der Börsengang in den kommenden Monaten erfolgen. Weitere Details zum Zeitplan und zum erwarteten Erlös werden vorerst keine publiziert.

Mittleres- und unteres Einkommenssegment in den USA im Fokus

Varia US Properties ist nicht ein Börsengang unter vielen, die Firma unterscheidet sich in einem Punkt deutlich von anderen Schweizer Immobilienunternehmen: "Der Schweizer Markt ist kein Thema", sagt Patrick Richard, Mitgründer und designiertes Mitglied des Verwaltungsrats, im Gespräch mit cash. Varia investiert ausschliesslich in den US-amerikanischen Mehrfamilienhaussektor mit Schwerpunkt im Sekundär- und Tertiärmarkt.

Der Sekundär- und Tertiärmarkt in den USA deckt Immobilien ab, die geografisch gesehen nicht zentral in Grossstädten liegen, sondern am Standrand, oder im Falle des Tertiärmarkts auch über eine Stunde ausserhalb der Stadt. Diese Regionen sprechen Mieter im unteren bis mittleren Einkommenssegment an.

Aber wieso will Varia an die Schweizer Börse, obwohl man in den USA tätig ist? "In der Schweiz sind gewinnbringende Anlagemöglichkeiten rar geworden", begründet Richard diesen Entscheid. Und Varia wolle den zahlungskräftigen Schweizer Investoren eine Möglichkeit geben, in den US-Immobilienmarkt zu investieren, wo noch attraktive Renditen möglich seien.

Dieses Segment überhaupt erst attraktiv gemacht hat eine Trendwende der letzten Jahre in den USA vom Kaufen hin zum Mieten von Wohnungen: "Die Kosten für Wohneigentum befinden sich in den USA auf einem Allzeithoch, gleichzeitig steigt das Bedürfnis nach Mobilität bei jungen Amerikanerinnen und Amerikanern", so Tom Buckley, Senior Analyst bei Stoneweg und Experte für den US-Immobilienmarkt.

Portfolio mit 301 Millionen Dollar bewertet

Die neu auszugebenden Aktien werden den bestehenden Aktionären sowie dem freien Markt angeboten. Mit der Durchführung des Börsengangs wurde die Bank Vontobel beauftragt. Details zum Zeitplan und erwarteten Erlös werden erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht. Mit Blick auf den Freefloat sollen die börsenrechtlichen Mindestanforderungen erfüllt werden. Diese liegen laut einem Sprecher der SIX bei 20 Prozent.

Seit der Gründung im Jahr 2015 hat sich Varia bis anhin Eigenkapital in Höhe von 100 Millionen Dollar beschafft. Das bestehende Portfolio wurde per 30. Juni 2016 von Colliers International mit 301 Millionen Dollar bewertet. Es umfasst 39 Liegenschaften mit rund 5'000 Wohneinheiten in 14 US-Bundesstaaten. Das Gesamteinkommen von Varia betrug in der am 30. Juni 2016 abgeschlossenen Abrechnungsperiode seit der Gründung 18,9 Millionen Dollar, das operative Ergebnis lag bei 4,5 Millionen.

Im Vergleich zu anderen börsenkotierten Firmen sind solche Zahlen eher gering, doch Varia soll noch einiges grösser werden: «Das Potenzial von Varia US Properties ist enorm», ist Richard überzeugt. Wo aber Varia in 5 Jahren stehen wird, könne er heute nicht sagen.

Ausserordentliche GV am 14. November

Am 14. November 2016 wird die Gesellschaft eine ausserordentliche Generalversammlung abhalten. Dabei werden einige bekannte (und auch weniger bekannte) Gesichter aus der Schweizer Wirtschaft neu als Verwaltungsrat von Varia zur Wahl stehen: Manuel Leuthold, VR-Präsident der Ausgleichfonds AHV, IV und EO, Beat Schwab, Leiter Real Estate Investment Management bei Credit Suisse und VR-Mitglied bei Zug Estates und der SBB sowie Patrick Richard.

Bereits im Gremium sitzen VR-Präsident Jaume Sabater Martos, Taner Alicehic, Dany Roizman und Alexandre Leviant.

(Mit Material von AWP)