In der Politik wird spätestens seit den Berichten über eine umstrittene Konferenz mit Rechtsextremen in Potsdam diskutiert, ob man juristisch gegen die AfD vorgehen kann. Hintergrund ist dabei auch, dass die Partei in drei Bundesländern als "gesichert rechtsextrem" eingestuft wird. Sie liegt zudem in den östlichen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg laut Umfragen mittlerweile deutlich an der Spitze der Popularitätsskala. Die Sorge der Mitte-Parteien wächst, dass die politische Ausgrenzung der Rechtspopulisten immer weniger funktioniert.
Parteienverbot
Aus den Bundesländern, der SPD und dem Bundestag kommen vereinzelte Rufe nach einem Parteienverbot. In der Regierung und bei der Opposition sieht man dies skeptisch. Mehrere Politiker haben in den vergangenen Tagen gewarnt, dass die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens und die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht Jahre dauern würde. Juristisch gilt zudem mehr als fraglich, ob das Gericht dann ein Parteienverbot aussprechen würde - es hat dies auch im Falle der NPD in zwei Verfahren nicht getan. 2017 argumentierte es letztlich damit, dass die NPD zu klein sei, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchsetzen zu können.
Die Erfolgsaussichten für ein Verbot der AfD gelten auch deshalb als fraglich, weil die AfD auf Bundesebene bisher nur als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird. Politiker warnen zudem, dass die AfD sich durch ein jahrelang hinziehendes Verfahren nur als Märtyrer präsentieren würde.
Teilverbote
Denkbar wäre auch das Verbot von Unter- oder Teilorganisationen der AfD. Dies gilt als juristisch zumindest etwas vielversprechender, denn einzelne Landesverbände etwa in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind von den Verfassungsschutzbehörden bereits als "gesichert rechtsextrem" eingestuft worden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die Jugendorganisation der Partei, die "Junge Alternative", bundesweit ebenfalls so eingestuft - allerdings ruht die Einschätzung bis zu einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zur AfD-Einstufung Ende Februar. Politisch gibt es dieselben Bedenken wie bei einem Komplett-Verbot. Auf keinen Fall würde ein solches Verbotsverfahren dazu führen, dass die AfD nicht bei den Landtagswahlen antreten dürfte.
Entzug der bürgerlichen Rechte
Vorgeschlagen wurde auch, dass man einzelnen AfD-Politikern wie dem thüringischen Landeschef Björn Höcke das Recht entziehen könnte, gewählt zu werden. Nach Artikel 18 des Grundgesetzes verwirkt ein Bürger seine Grundrechte, wenn er beispielsweise das Asylrecht "zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht". Allerdings liegen auch bei der Aberkennung der bürgerlichen Rechte die Hürden sehr hoch. Damit soll nach den Erfahrungen der NS-Zeit verhindern werden, dass politische Mehrheiten ein solches Verbot gegen missliebige Politiker anwenden können. Dieser Weg wird in der Bundesregierung deshalb als nicht gangbar angesehen.
Austrocknen der Finanzen
Am Dienstag soll das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob man der NPD die staatliche Finanzierung entziehen kann. Dies ist bei der rechtsextremen Partei zwar kaum noch relevant, weil sie bei Wahlen nur noch Ergebnisse im Promillebereich erzielt. Aber ein Urteil für eine staatliche Beschränkung der Finanzierung könnte ein Signal sein, ob dieser Weg auch bei der AfD möglich wäre. Dies hat etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vorgeschlagen.
Die Debatte gibt es bereits seit längerem. Zwar erhält die AfD eine am Wahlergebnis bemessene Wahlkampfvergütung wie die anderen Parteien. Im November 2023 haben die Ampel-Parteien und die Union aber ein neues Parteienfinanzierungsgesetz beschlossen, das die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zumindest bis zum Ende dieser Legislaturperiode von der Förderung ausschliesst. Der Ansatz: Die Förderung einer Stiftung soll erst dann beginnen, wenn die ihr nahestehende Partei mindestens dreimal hintereinander in Fraktionsstärke in den Bundestag einzieht. Dies ist bei der AfD noch nicht der Fall, die gegen die Regel in Karlsruhe klagen will.
Politische Auseinandersetzung
Auch angesichts der Schwierigkeiten eines juristischen Vorgehens gibt es parteiübergreifenden Appelle, dass die Parteien der Mitte die AfD lieber "politisch stellen" sollten. CDU-Chef Friedrich Merz hatte dies als gemeinsame Aufgabe von Union, SPD, Grünen und FDP bezeichnet. Der Aufsichtsratschef von Siemens-Energy, Joe Kaeser, fordert zudem Manager auf, zu erklären, wieso etwa die EU-feindliche Haltung der AfD den Wohlstand in Deutschland gefährden würde. Allerdings gibt es unterschiedliche Meinungen, wer am Aufstieg der AfD Schuld ist: CDU und CSU machen die Ampel-Regierungspolitik dafür verantwortlich, SPD und Grüne kritisieren, dass die Union die rechtspopulistische Partei mit überzogener Kritik an der Ampel und der Übernahme von Positionen bei Migration hoffähig mache.
(Reuters)