Es geschah am 15. Juli 2014: Dealmaker Vincent Le Stradic  von der amerikanischen Investmentbank Lazard arbeitete während der Zugfahrt von London nach Paris, ohne zu ahnen, dass er seinem Sitznachbarn, einem Banker von UBS Group, Einblick in einem in kürze angekündigten Übernahmeangebot in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar bot. Einzelheiten kamen am Donnerstag bei einer Anhörung der französischen Finanzmarktaufsichtsbehörde ans Licht.

Hintergrund für den Fall ist der kühne Übernahmeversuch für T-Mobile US, der von dem von Xavier Niel gegründeten, französischen Mobilfunkanbieter ausging. Le Stradic war und ist einer der engsten Finanzberater des französischen Milliardärs, während der Mann auf dem Sitz neben ihm, Alexandre Zaluski, im Investment-Banking-Bereich der UBS in London tätig war und sich auf den Aktienmarkt konzentrierte.

Während der Zugfahrt konnte Zaluski ein paar Blicke auf aufpoppende Nachrichten erhaschen, als Le Stradic zwischen den Handys hin- und her jonglierte. Da er sich keinen Reim auf die bruchstückhaften Informationen zu der Transaktion, die zwei Wochen später bekannt gegeben werden sollte, machen konnte, entschied sich der UBS-Banker sofort, einen Kollegen per E-Mail zu kontaktieren.

"Niel würde CEO von T-Mobile werden", berichtete Zaluski Christian Lesueur, dem Leiter Telekommunikation, Medien und Technologie für Europa, Naher Osten und Afrika bei der UBS. Später schrieb Zaluski auch, dass die Nachrichten, die er auf dem Handy seines Nachbarn sah, einen 40-Milliarden-Dollar-Deal erwähnten und andeuteten, dass Niel eine "Vision" für die USA hatte.

Information hätte nicht weitergegeben werden dürfen

Es dauerte nicht lange, bis Lesueur verstand, worum es geht: Iliad plante, den US-amerikanischen Markt zu erobern, indem die Gesellschaft die Mehrheit an einem Mobilfunkanbieter übernahm, der viel grösser als das französische Unternehmen war. Fieberhaft stellte Lesueur ein Team von einem Dutzend UBS-Banker zusammen, um ein Finanzierungsangebot für Iliad zu unterbreiten.

Niemand aus dem Trio tätigte auf der Grundlage nichtöffentlicher Informationen illegale Geschäfte, aber AMF-Vertreter beschuldigten Zaluski und Lesueur, den Insidertipp an Kollegen von UBS weitergegeben zu haben, obgleich sie dies nicht hätten tun sollen. Im Kern gehe es bei dem von den Ermittlern vorgebrachten Argument darum, dass Zaluski ausserhalb der normalen Arbeitskanäle von dem Übernahmeangebot erfahren hat und die Information daher nicht hätte weitergeben dürfen.

Zaluski arbeitet nicht mehr bei UBS. Er bestreitet jegliches Fehlverhalten und sagte, Le Stradic gebe ihm die Schuld dafür, dass er es nicht geschafft habe, die Sache geheim zu halten. Lesueur sagte, er habe das getan, was von ihm erwartet würde: Informationen sammeln, um neues Geschäft hereinzuholen.

Benjamin Mauduit, ein Vertreter der französischen Finanzmarktaufsicht Autorité des Marches Financiers, der im Namen der Ermittler spricht, empfahl eine Strafe von 45.000 Euro für Zaluski und von 400.000 Euro für Lesueur. Die UBS sollte angewiesen werden, eine Million Euro zahlen, sagte Mauduit.

Entscheid in den nächsten Wochen

Das Vollstreckungskomitee der AMF wird in den nächsten Wochen entscheiden. Die UBS lehnte es ab, sich zu dem Fall zu äussern, während Vertreter von Lazard auf Bitten um Stellungnahme nicht sofort antworteten.

Laut seinem Anwalt Jean-Philippe Pons-Henry hat Zaluski zu jeder Zeit angemessen gehandelt. Er sagt, Zaluski habe die Informationen vertraulich nach dem Grundsatz "Kenntnis nur, wenn nötig" behandelt und diese nur einem Mitarbeiter, der sich auf Telekommunikation spezialisiert habe, und seinem Chef aus beruflichen Gründen zur Verfügung gestellt.

Lesueur sagte, er verstehe nicht, warum er wegen Marktmissbrauchs angeklagt werde. Er sagt, er habe nur eine Gelegenheit ergriffen, um sich mit dem Milliardär Xavier Niel in Verbindung zu setzen und eine Geschäftsbeziehung aufzubauen, wie es seine Funktion bei UBS erfordert.

Die Diskussion der durchgesickerten Informationen fand im Rahmen einer breiteren AMF-Untersuchung statt. Diese konzentriert sich auf Anschuldigungen, dass der Iliad-Chairman Maxime Lombardini Insider-Geschäfte getätigt habe, als er Aktien der französischen Gesellschaft verkaufte, nur wenige Wochen bevor der von Niel kontrollierte Telekomanbieter ankündigte, dass er 15 Milliarden Dollar für eine Mehrheitsbeteiligung an T-Mobile US bietet. Mauduit schlug vor, dass der Vollstreckungsausschuss der AMF eine Geldstrafe von einer Million Euro gegen Lombardini verhängen soll.

(Bloomberg)