Bei den Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen mit der Europäischen Union soll bis im November eine Einigung stehen. Aufs Tempo drückt insbesondere Bundespräsidentin Viola Amherd, wie «SonntagsBlick» aus Diplomatenkreisen erfuhr. Parallel zu den Gesprächsrunden nutze sie ihren direkten Draht zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Auch von Seiten der EU heisse es, man sei auf der Zielgeraden. Aussenminister Ignazio Cassis steht offenbar hinter den Zielen seiner Amtskollegin, teilt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten mit.
Dass Verteildigungsministerin Amherd (Mitte-Partei) und nicht der eigentlich zuständige Aussenminister Cassis (FDP) Tempo macht, erstaunt zunächst, hat aber einen Grund: Antrieb für Amherd ist laut «SonntagsBlick» nämlich auch, dass im nächsten Jahr Karin Keller-Sutter (FDP) Bundespräsidentin sein wird. Die Finanzministerin gilt als weit EU-kritischer.
Die aktuellen Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel haben ein jahrelanges Vorspiel. 2014 starteten die Gespräche über einen institutionellen Rahmenvertrag. Sieben Jahre später wurde der innenpolitische Druck aber so gross, dass der Bundesrat im Mai 2021 den Verhandlungstisch verliess. Die Verstimmung aufseiten der EU war gross.
Inzwischen gelang eine Wiederannäherung auf diplomatischer Ebene. Die Landesregierung will nun ein ganzes Vertragspaket mit der EU unter Dach und Fach bringen. Befürworter setzen etwa auf Kontinuität: «Das Schweizer Erfolgsmodell hat mehr als 140 Verträge mit der EU. Diese sollten wir nicht zerstören sondern stabilisieren und weiterentwickeln», sagt SP-Nationalrat Eric Nussbaumer.
Allerdings gibt es auch Kritiker. Was der Bundesrat in den Gesprächen erreicht habe, sei «eine herbe Enttäuschung», war von der Allianz Kompass/Europa zu vernehmen. Die Organisation wird von Personen aus der Wirtschaft unterstützt. In Erscheinung getreten ist unter anderem Alfred Gantner, Gründer der Partners Group.
(AWP/cash)
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Die aktuellen Verhandlungen folgen, wie berichtet, dem von der EU erstellten sogenannten „Memorandum of Understanding“. Dieses interpretiert die Resultate der exploratorischen Vorverhandlungen naturgemäss in ihrem Sinne, wurde aber von schweizerseite mal so akzeptiert. Das Ganze wird bis heute unter dem Deckel gehalten wenn auch gewisse Details bekannt wurden die zu denken geben. So sei z.B. festgehalten, dass die Höhe der jährlichen Zahlung an die EU nur von dieser festgelegt werde und zwar erst nach Unterzeichnung eines allfälligen Vertrages. Erstaunlich da es sich wohl um einen Milliardenbetrag handelt. Wenn dieses Beispiel bezeichnend ist für den Sinn in welchem dieses „schwerwiegende“ Vertragswerk erarbeitet wird, können wir uns auf etwas gefasst machen.