Am Montag vor einer Woche liess Swiss Re am Investorentag durchblicken, das kapitalintensive Tochterunternehmen ReAssure noch immer dekonsolidieren zu wollen. Dies, nachdem die Wirren um den Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union einen Gang an die Londoner Börse im Frühsommer vereitelt hatte.

Nun macht der Rückversicherungskonzern aus Zürich Nägel mit Köpfen. Wie einer Mitteilung an die Medien zu entnehmen ist, wird ReAssure für 3,25 Milliarden Pfund an die Phoenix Group verkauft.

Swiss Re erhält für die 75-Prozent-Beteiligung Phoenix-Aktien im Gegenwert von knapp 1,24 Milliarden Pfund sowie 1,2 Milliarden Pfund in bar. Dass die ehemalige ReAssure-Mutter in den Verwaltungsrat der Phoenix Group einzieht, deutet an, dass die Aktienbeteiligung strategischen Charakter haben dürfte.

Swiss Re kann mit diesen Neuigkeiten sowohl bei den Anlegern als auch bei den Analysten punkten. Nach einem Vorstoss bis auf 108,95 Franken gewinnt die Aktie des Rückversicherers zur Stunde noch 2,7 Prozent auf 108,60 Franken. Damit werden die langjährigen Höchstkursen von Anfang Dezember bei 108,60 Franken in den Schatten gestellt. Letztmals kostete die Aktie im Oktober 2007 soviel.

ReAssure-Verkauf weckt Dividendenfantasien

Noch im Januar hiess es, Swiss Re könnte die Börsenpläne für ReAssure auf Eis legen und das auf geschlossene Lebensversicherungsportfolios spezialisierte Tochterunternehmen an den Spezialversicherer Rothesay Life verkaufen. Der britische Nachrichtensender Sky News nannte damals eine Transaktionssumme von bis zu 3,5 Milliarden Pfund.

Als sich Pläne für einen Gang an die Londoner Börse in den darauffolgenden Monaten wieder konkreter wurden, war dann in Analystenkreisen sogar von einem Börsenwert von bis zu 4 Milliarden Pfund die Rede (cash berichtete).

Dass ReAssure im Rahmen der jetzigen Transaktion nur mit 3,25 Milliarden Pfund bewertet wird, könnte deshalb als Enttäuschung empfunden werden. Allerdings fliessen Swiss Re durch den Verkauf 1,2 Milliarden Pfund in bar zu. Da ist mehr als beim ursprünglich geplanten Börsengang der Fall gewesen wäre und weckt nun Dividendenfantasien. Analysten schliessen jedenfalls nicht aus, dass auch die Aktionäre von Swiss Re im Rahmen einer Sonderdividende oder eines Aktienrückkaufprogramms zum Handkuss kommen werden.

Analysten begrüssen die Transaktion

Die Bank Vontobel gewinnt dem Verkauf von ReAssure vorwiegend positive Aspekte ab und hebt die zukünftig geringere Kapitalbindung hervor. Von letzterer erhofft sie sich ab dem kommenden Jahr höhere Dividendenzahlungen oder umfangreichere Aktienrückkäufe. Das Anlageurteil der Zürcher Bank für die Aktie lautet wie bis anhin "Buy", das Kursziel beträgt 121 Franken.

Auch die Zürcher Kantonalbank begrüsst die Transaktion zwar, zeigt sich aber leicht enttäuscht vom vereinbarten Preisniveau. Sie verweist dabei auf den Umstand, dass sich der japanische Versicherer MS&AD - er ist mit 25 Prozent an ReAssure beteiligt - ursprünglich teurer eingekauft hatte. Dennoch begrüsst die Zürcher Kantonalbank den Verkauf von ReAssure und erwartet in diesem Zusammenhang eine Verbesserung der Swiss-Solvency-Test-Quote um 12 Prozentpunkte (Stand Mitte 2019: 241 Prozent). Die Swiss-Re-Aktie wird mit "Marktgewichten" eingestuft.

Konkreter wird die UBS. Sie geht davon aus, dass Swiss Re den Aktionären über die Jahresdividende und das übliche Aktienrückkaufprogramm in Höhe von einer Milliarde Dollar hinaus eine weitere Milliarde Dollar über Aktienrückkäufe zurückführen könnte. Angesichts der Probleme im Bereich Corporate Solutions empfiehlt die Grossbank die Aktie mit einem 12-Monats-Kursziel von 88,50 Franken zum Verkauf.

Nach dem abgesagten Börsengang sieht die US-Investmentbank J.P. Morgan im ReAssure-Verkauf ein "Happy End" für Swiss Re. Sie rechnet damit, dass der Rückversicherer anlässlich der Jahresergebnisveröffentlichung über die Verwendung des Verkaufserlöses informiert. J.P. Morgan rät mit "Overweight" und einem Kursziel von 118 Franken zum Kauf.