Wegen hoher Materialpreise und steigender Zinsen werden in Deutschland ungewöhnliche viele Wohnungsbauprojekte gestrichen. Der Anteil der davon betroffenen Baufirmen lag im Januar bei 13,6 Prozent, nach 15,9 Prozent im Dezember, wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag zu seiner Umfrage mitteilte. "Zwar gehen die Stornierungen etwas zurück, aber das Niveau ist immer noch aussergewöhnlich hoch", sagte Ifo-Forscher Felix Leiss dazu. "Für die Firmen sind das dunkle Wolken am Horizont: Noch wird das Geschäft durch die hohen Auftragsbestände gestützt, aber mit Blick auf die künftige Entwicklung im Wohnungsbau herrscht Angst."
Die Geschäftserwartungen gaben deshalb nochmals nach und rutschten auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991 ab: Das entsprechende Barometer fiel um 1,5 Punkte auf minus 63,1 Punkte. "Die Erwartungen sind am Tiefpunkt, die Unternehmen rechnen mit einer deutlichen Abkühlung", sagte Leiss. Derweil kalkulieren die Betriebe trotz des schwachen Neugeschäfts mit weiteren Preiserhöhungen. Ihre Preispläne sanken nur leicht: Dieses Barometer sank von 37,4 Zählern auf immer noch sehr hohe 34,6 Punkte.
Die Bundesbank erwartet für das laufende Jahr einen schwachen privaten Wohnungsbau. "Da kommt so ein bisschen der perfekte Sturm zusammen", sagte Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich. Der private Wohnungsbau bleibe dieses Jahr der Schwachpunkt der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ulbrich verwies unter anderem auf die steigenden Zinsen, auf Rückgänge im verfügbaren Einkommen, auf die höhere Inflation und die hohen Energiepreise.
Die Immobilienweisen rechnen mittlerweile sogar für 2024 mit einem Rückgang beim Wohnungsneubau. In ihrem Frühjahrsgutachten verweisen die Experten auf anziehende Finanzierungskosten durch gestiegene Zinsen und hohe Preissteigerungen bei Baustoffen. "Die kostensteigernden Herausforderungen des Wohnungsbaus werden sich vorrangig ab 2024 durch rückläufige Genehmigungs- und Neubauzahlen ausdrücken", heisst es im Gutachten. Neben Privatpersonen zögen sich zunehmend auch Projektentwickler aus dem Neubau zurück. "Da brennt die Hütte", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner.
(Reuters)
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Da braucht sich insbesondere die rotgrüne Politik in Deutschland nicht zu wundern. Zunehmende Mieterrechte und Angst vor Enteignung von Privateigentum (Berlin) sind dem privaten Wohnbau nicht sonderlich förderlich