Der Elektroautobauer Tesla polarisiert die Anleger bereits seit Jahren. Zuletzt sorgten vor allem die starken Kursgewinne von Tesla für Aufsehen. Seit Anfang Jahr gewannen die Aktien knapp 100 Prozent an Wert. Und das obwohl Tesla für das Gesamtjahr 2019 einen Verlust vermeldet hatte. Grund: Das Ergebnis war besser als erwartet. Zudem wurden für das laufende Jahr 500'000 verkaufte Autos angekündigt. Die Kurszielfantasien steigen dabei synchron zum Aktienkurs. So sieht die Investmentfirma ARK die Aktien 2024 bei 7000 Dollar. Das wäre ein Kursgewinn von mehr als 600 Prozent. Wie sind solche Kursfantasien bei einem ausbleibenden Gewinn möglich?

Die HSG-Professoren Erwin Hettich und Günter Müller-Stewens haben das Unternehmen um Elon Musk in einer Fallstudie unter die Lupe genommen. Sie zeigen dabei auf, warum das Unternehmen trotz schlechter Profitabilität bestehen und Investoren überzeugen kann. So geht Tesla gemäss HSG-Studie in neue riskantere Bereiche hinein, welche andere Unternehmen eher meiden. Tesla verändere mit seiner Vorgehensweise ganze Industrien und deren Denkweise. Zudem sei Tesla kein reiner Autohersteller, sondern auch stark im Batteriegeschäft, in der Stromproduktion mit SolarCity sowie in der Produktion von Hyperloop-Tunnels tätig, so die Autoren. 

Gemäss den Autoren kann ein Geschäftsmodell nicht auf dem Reissbrett skizziert werden, sondern entwickle sich laufend. Ein Geschäftsmodell sei im Endeffekt ein Produkt aus Zufall, Adaption, Timing und Makrofaktoren wie der Regulierung. Als Beispiel für die Adaptionsfähigkeit von Tesla ziehen die Autoren der Studie die Präsentation des Cybertrucks vom letzten November heran. Das angekündigte Produkt eröffnet Tesla ein neues ländliches Kundensegment, so die Studie.

Ein weiteres Beispiel für Teslas Adaptionsfähigkeit sei die Bestrebung, kobaltfreie Batterien für die chinesische Autoproduktion zu verwenden. Tesla steht im Gespräch mit dem Batterieproduzenten CATL. Das Ziel: Die Produktionskosten senken und damit auf dem schwierigen Elektroautomarkt China wettbewerbsfähiger werden.

Die Vision von Tesla ist für viele Investoren zentral

Das Unternehmen Tesla zeichnet sich laut den Autoren der Studie aber letztendlich gerade dadurch aus, dass es immer wieder Investoren findet, welche die Vision der Firma teilen und sogar stärker gewichten als kurzfristige Gewinne. Die Vision von Elon Musk für Tesla bestünde von Anfang an darin, ein vertikal integriertes Unternehmen mit dem Fokus auf saubere Energielösungen zu schaffen. Eine Vision wie sie Tesla habe, könne daher heutzutage bedeutender sein, als das kurzfristige Quartalsreporting. Für die langfristigen Investoren sei daher das Investment in Tesla eine Glaubenssache, welche durch schlechte Quartalsergebnisse nicht erschüttert werden könne, so die Autoren.

Allerdings sind Tesla-Aktien immer wieder im Visier von Shortsellern, also Investoren, die auf sinkende Kurse wetten. Das zeigt: Nicht alle glauben an die Vision von Tesla. In der jüngsten Kursrally hat der Anteil der Short-Sellers am Handelsvolumen wieder auf aktuell 26 Prozent zugenommen. Ob Tesla-Gläubige oder Short-Seller: wer Recht hat, wird die Zukunft zeigen.

Die Autoren der HSG-Studie schreiben Elon Musk für das Unternehmen Tesla und für die Transformation der Autobranche als Ganzes eine zentrale Rolle zu. So zeichne sich Musk als Visionär aus, was auf die gesamte Marke Tesla abstrahle. Musk beherrsche die Kunst, visionäre Aussagen in einfachen Sätzen abzugeben und damit die Menschen zu inspirieren. "Wir werden bis 2025 Menschen auf dem Mars landen", sagte er 2017 beispielsweise zum Team seines Raumfahrtunternehmens SpaceX.

An Elon Musk prallt alles ab

Auf der andere Seite macht Elon Musk aber auch mit Cannabiskonsum, Beleidigungen und Streitereien auf Twitter auf sich aufmerksam. Zudem hatte Musk Probleme mit der Börsenaufsicht , welche ihm Aktienkursmanipulation vorwarf. Musk hatte in einem Tweet im September 2018 behauptet, dass er Tesla privatisieren wolle und Finanzierung dafür gesichert sei. Daraufhin stieg der Kurs der Tesla-Aktien stark an. Aber: Bis anhin prallt alles an Musk und schlussendlich Tesla ab.

Charlie Munger stellvertretender Vorsitzender von Berkshire Hathaway beschreibt die Marketinggabe von Elon Musk trefflich: "Die Verkäufe von Tesla steigen, weil er die Menschen davon überzeugt hat, dass er Krebs heilen kann." Vielleicht liegt Munger gerade wegen dem Faktor "Musk" richtig, wenn er sagt: "Ich würde Tesla-Aktien nie kaufen, aber auch nie short gehen."

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