Es war das grosse Versprechen vom nachhaltigen Investment: Aktien von Unternehmen kaufen, die Fleisch und Milchprodukte durch pflanzliche Alternativen ersetzen - gut fürs Gewissen, gut fürs Portfolio.
Doch die Realität sieht 2025 bei den Pionieren ernüchternd aus. Beyond Meat notiert bei gerade einmal bei 1,25 US-Dollar, verglichen mit dem Allzeithoch von 239,70 Dollar im Jahr 2019, was einem Wertverlust von 99 Prozent entspricht. Auch der schwedische Hafermilchproduzent Oatly hat seit dem Börsengang 2021 rund 95 Prozent verloren und notiert derzeit bei 12,34 US-Dollar.
Warum das vegane Börsen-Versprechen nicht zündet
Die Gründe für den Börsensturz der veganen Pioniere sind vielschichtig. Die anfängliche Neugier der Konsumenten nach Ersatzprodukten hat sich gelegt, und auch der Markt der Flexitarier wurde überschätzt, analysiert ein Experte vom österreichischen Vermögensverwalter Erste Asset Management in einem Marktkommentar.
Hinzu kommt der Preiskampf. Discounter wie Lidl oder Aldi haben längst eigene vegane Linien etabliert, deutlich günstiger als die Markenprodukte von Beyond Meat oder Oatly. Die etablierten Proteinhersteller und Lebensmittelriesen wie Nestlé, Danone oder Unilever haben zurückgeschlagen, indem sie in neue fleischlose Produktlinien investierten, wobei sie ihre Grössen- und Vertriebsvorteile nutzen konnten. Die kleinen Pure-Play-Anbieter haben gegen diese Marktmacht kaum eine Chance.
Beyond Meat: Wenn der Verlust höher ist als der Umsatz
Die Zahlen lesen sich wie ein Finanzkrimi. Der US-Fabrikant Beyond Meat, dessen Produkte auch bei Coop und Migros in den Regalen stehen, schreibt auch im dritten Quartal 2025 rote Zahlen. Mit 70,2 Millionen US-Dollar setzte der Produzent von Fleischersatz mehr als 13 Prozent weniger um als im Vorjahr. Das Management bezeichnet die Marktlage als «weiterhin schwierig» und die Nachfrage in einigen Segmenten als «schwach».
Noch einschneidender: Der Nettoverlust vervielfachte sich von 26,6 auf 110,7 Millionen Dollar und lag damit höher als der Umsatz. Beyond Meat schreibt seit seiner Gründung rote Zahlen und kann schon seit geraumer Zeit seinen Umsatz nicht mehr steigern.
Einen kurzen Hoffnungsschimmer gab es Mitte Oktober, als die Aktie innerhalb von drei Tagen um mehr als 600 Prozent zulegte. Doch einen Grossteil dieser Gewinne hat die Aktie mittlerweile wieder abgegeben, und die zwischenzeitlichen Kursausschläge fanden auf niedrigem Niveau statt.
Entsprechend kritisch bewerten die Analysten die Lage: 50 Prozent aller Analysten raten zu einem «Hold»-Rating, 50 Prozent zu «Sell» oder «Strong Sell». Das durchschnittliche Kursziel liegt bei gerade einmal einem Dollar - selbst die Optimisten trauen der Aktie nicht mehr viel zu.
Mit negativem Eigenkapital und anhaltenden dreistelligen Millionenverlusten ist die Zeit knapp. Ein Turnaround erscheint unwahrscheinlich. Das Szenario einer Insolvenz oder Übernahme zu einem Bruchteil des aktuellen Wertes scheint realistischer als eine erfolgreiche Wende.
Im dritten Quartal 2025 erzielte Oatly einen Umsatz von 222,8 Millionen Dollar – ein Plus von 7,1 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Allerdings stieg der Nettoverlust auf 65,29 Millionen Dollar, der Verlust je Aktie verdoppelte sich nahezu auf 2,15 Dollar. Die Bruttomarge stagnierte bei 29,8 Prozent – ein Signal, dass die Kosteneffizienz nicht mit dem Wachstum Schritt hält.
Ein positiver Aspekt in der ansonsten düsteren Bilanz: Der bereinigte Gewinn vor Zinsen schwenkte ins Positive. Mit 3,1 Millionen Dollar gelang die Wende von einem Minus von 5,0 Millionen Dollar im Vorjahresquartal - eine Verbesserung um 8,2 Millionen Dollar durch höhere Bruttogewinne und reduzierte Betriebsausgaben.
Die Einschätzungen der Analysten könnten unterschiedlicher nicht sein. Während bei Beyond Meat die Hälfte zum Verkauf rät, empfehlen 75 Prozent der Analysten bei Oatly den Kauf der Aktie, nur 25 Prozent raten zu «Hold». Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 19,82 Dollar - vom aktuellen Niveau aus ein Kurspotenzial von rund 67 Prozent.
Und: Oatly will nach zehn Verlustjahren 2025 profitabel werden, ein ehrgeiziges, aber nicht unrealistisches Ziel. Das Unternehmen hat seine Kosten deutlich gesenkt und fokussiert sich auf profitablere Märkte. Die Jahresprognose mit erwartetem flachem bis leicht positivem Umsatzwachstum und einem bereinigten EBITDA zwischen 5 und 15 Millionen Dollar bekräftigt diese Strategie.
Anders als Beyond Meat steht Oatly nicht vor der Existenzfrage, sondern vor der Bewährungsprobe. Gelingt der Turnaround zur Profitabilität nicht, könnte auch Oatly in ernste Schwierigkeiten geraten. Für spekulative Anleger könnte die Aktie eine Wette auf die Trendwende sein - allerdings mit hohem Risiko.
Der Markt wächst - nur nicht für die Aktionäre
Das Paradoxe: Der Markt für pflanzliche Proteine boomt weiter. Der globale Markt für alternative Proteine soll laut der Marktforschungsfirma Fortune Business von 37,37 Milliarden Dollar im Jahr 2024 auf 103 Milliarden Dollar bis 2032 wachsen, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 13,5 Prozent entspricht. Der Markt für pflanzliches Protein ist 2024 auf 14,3 Milliarden Dollar gewachsen und soll mit einer jährlichen Wachstumsrate von 7,5 Prozent auf 20,5 Milliarden Dollar im Jahr 2029 anwachsen.
Die Nachfrage ist da, das Wachstum auch - nur profitieren die börsennotierten Vegan-Pioniere nicht davon. Das Geld fliesst an etablierte Konzerne und Eigenmarken von Supermärkten und Discountern, nicht an die einst gefeierten Start-ups.

