Die Schweizer Börse gemessen am Swiss Market Index (SMI) hat seit Anfang November knapp 8 Prozent gewonnen. Hoffnungen auf bald sinkenden Leitzinsen in den USA haben für Rückenwind gesorgt, insbesondere da eine sanfte Landung der dortigen Wirtschaft dank einem robusten Arbeitsmarkt und einer guten Konsumentenstimmung immer wahrscheinlicher wird. In dieser Marktlage bieten Management-Transaktionen einen Einblick darin, wie Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder den Geschäftsgang und den Ausblick des eigenen Unternehmens beurteilen. Diese müssen der Börsenaufsicht gemeldet und danach vom Schweizer Börsenbetreiber SIX hier publiziert werden. 

Wenn ein Manager Aktien der eigenen Firma kauft, ist dies in der Regel ein positives Zeichen. Das Gegenteil gilt theoretisch für den Verkauf. Trotzdem sollten Anleger bei der Interpretation kritisch sein - gerade bei Verkäufen. Es gibt viele Gründe für einen kurzfristigen Cash-Bedarf: Die Steuerrechnung, eine teure Scheidung oder eine Krankheit - oder es handelt sich um eine Management-Entschädigung. Doch auch Käufe sind trügerisch, decken sich doch gerade neue Manager aus Überzeugung und «rosaroter Brille» - unabhängig von den tatsächlichen Aussichten - mit Aktien des eigenen Unternehmens ein.

All dies hat zur Folge, dass sich genüsslich und endlos darüber spekulieren lässt, was die jeweiligen Management-Transaktionen in der Konsequenz bedeuten. Sie können im positiven oder negativen Sinne zu überzogenen Ansichten über eine Aktie und deren potenzieller Rendite führen. Grundlage für eine vollumfängliche Handelsstrategie sind die Management-Transaktionen daher sicherlich nicht, sie sollten aber bei einer Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden.

Seit Anfang November hat die Teppichetage von Schweizer Firmen mit Wertschriften im Wert von knapp 340 Millionen Franken gehandelt, wobei der grössere Teil - gut 200 Millionen Franken - auf Käufe zurückgeht. cash.ch mit einem Überblick zu denjenigen Schweizer Aktien, bei denen Manager besonders auffällige Zu- und Verkäufe getätigt haben:

Straumann - Haben die Bären recht?

Die Aktien von Straumann stehen mit 123 Franken zwar 15 Prozent höher als zum Jahresbeginn, aber die Verkäufe der Teppichetage seit Anfang November lassen nichts Gutes erahnen - geschah dies doch auch nach einem Rücksetzer: Ein oder mehrere Verwaltungsräte verkauften in elf Transaktionen Aktien im Wert von 18,5 Millionen Franken, Geschäftsleitungsmitglieder kamen in vier Transaktionen auf gut 600’000 Franken. Ein schlechtes Omen?

Die "Bären" legen den Fokus auf das gedämpfte Wachstum der entwickelten Märkte, so Analysten. Zwar sei das Management weiterhin optimistisch, die Höhe des Wachstums hänge aber stark vom makroökonomischen Umfeld im kommenden Jahr ab. Straumann hat im dritten Quartal den Umsatz erneut gesteigert. Der Hersteller von Dentalimplantaten spürte aber auch einige Gegenwinde. Das organische Wachstum fiel etwas tiefer aus als in der Vorjahresperiode. 

Schindler - Umschichtungen im Zuge der Nachfolgeregelung 

Schindler gehört zu den führenden Unternehmen seiner Branche. Der Lift- und Rolltreppenhersteller hat in den ersten neun Monaten 2023 etwas mehr umgesetzt und die Ergebnisse deutlich gesteigert. Die Prognosen für das Gesamtjahr wurden Mitte Oktober trotz gedämpfter Auftragslage mit den Zahlen leicht erhöht. Die Partizipationsscheine von Schindler haben dieses Jahr zweistellig zugelegt, bleiben aber weiterhin deutlich unter den erreichten Rekordständen aus dem Jahr 2021. 

Trotz dieser vorteilhaften Ausgangslage kommen auf den ersten Blick widersprüchliche Signale aus der Teppichetage: Während eine einem Verwaltungsrat nahestehende juristische Person Partizipationsscheine im Wert von 2,8 Millionen Franken verkauft, kaufen mehrere Verwaltungsratsmitglieder Namenaktien im Wert von knapp 2,9 Millionen Franken. Wie Schindler auf Anfrage von cash.ch bekannt gibt, findet bei der Familie Schindler ein Generationenwechsel von der vierten auf die fünfte Generation statt. "Bei Generationenwechseln kommt es immer wieder auch zu Umschichtungen, da sich Lebensbedürfnisse und -prioritäten ändern. Diese Umschichtung ist ein Zeichen hoher Loyalität, Solidarität und Vertrauens der ABV-Mitglieder ins Unternehmen", so ein Schindler-Sprecher.

Lalique - Verwaltungsrat macht bei Kapitalerhöhung mit

Beim Luxusgüterunternehmen sticht eine der fünf aufgelisteten Transaktionen hervor: Die Transaktion, bei der ein Verwaltungsratsmitglied (Silvio Denz) Aktien im Wert von 18 Millionen Franken erworben hat, steht in direktem Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung. Diese Kapitalerhöhung wurde speziell zur Finanzierung der Akquisition eines 75%-Anteils am Château Lafaurie-Peyraguey Weingut durchgeführt, einem Anteil, der zuvor im Besitz von Herrn Denz war. Die Transaktion wurde am 1. November vorab angekündigt. “Diese Transaktion wurde als Teil einer gezielten Wachstumsstrategie durchgeführt, die darauf abzielt, Synergien zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen von Lalique zu schaffen und zu nutzen”, sagt Elle Steinbrecher von Lalique auf Anfrage von cash.ch.

Im ersten Halbjahr hat Lalique den Umsatz gesteigert, aber der Reingewinn ist wegen höherer Kosten deutlich zurückgefallen. Dies hat die Aktie nicht zurückgeworfen. Und jetzt könnte erneut neuer Schwung einsetzen: Beim Luxusgüterunternehmen Lalique hat sich der neue Grossaktionär Müller Handels AG noch stärker engagiert. Verwaltungsratspräsident Silvio Denz bleibt aber der Mehrheitsaktionär mit noch 50,1 Prozent der Aktien. Mit dem Kauf von 1,3 Millionen Aktien hat die Müller Handels AG Schweiz ihren Anteil an Lalique auf 25 Prozent erhöht, teilte das Unternehmen mit.

Nestlé - Kein Grund zur Panik

Beim SMI-Schwergewicht und Nahrungsmittelgiganten Nestlé geht es an der Börse in der Tendenz abwärts - knapp 10 Prozent seit Jahresbeginn. Da lässt die Meldung aufhorchen, dass ein oder zwei Geschäftsleitungsmitglieder in zwei Transaktionen Aktien im Wert von 9 Millionen Franken losgeschlagen haben. Es werden unter Analystenkreisen unlängst Zweifel laut, ob die eigenen Wachstums- und Margenvorgaben langfristig erfüllt werden. Auch die Angst vor den Folgen von Abnehm-Spritzen auf die Nahrungsmittelindustrie ist noch nicht verflogen.

Doch gegen diese eher für Nestlé nachteilige Interpretation gibt es stichhaltige Argumente: Erstens sind die Verkäufe auf den abtretenden Finanzchef François-Xavier Roger zurückzuführen: „Herr Roger wird im Frühjahr nach fast neun Jahren bei Nestlé das Unternehmen verlassen. In diesem Zusammenhang hat er einen Teil seiner Nestlé-Aktien verkauft, um in zukünftige professionelle Projekte zu investieren“, so ein Nestlé-Sprecher gegenüber cash.ch.

Und betreffend der Abnehm-Spritzen hat Nestlé-CEO Mark Schneider am Mittwoch gegenüber Bloomberg-TV versichert, dass der Konzern dort gut aufgestellt ist. “Schon heute sind etwa CHF 1,5 Milliarden Umsatz unseres Nestlé Health Science-Geschäfts von Produkten, die stark komplementär zu GLP1-Therapien sind”, fügt der Nestlé-Sprecher an. Was die längerfristigen Ziele für Wachstum und Marge angeht, weist Nestlé darauf hin, dass man den Ausblick für 2025 in Februar schon angegeben habe: Anhaltendes organisches Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich sowie Rückkehr bis 2025 zu einer zugrunde liegenden operativen Ergebnismarge zwischen 17,5% und 18,5% und ein jährliches Wachstum des zugrunde liegenden Gewinns je Aktie zwischen 6% und 10% bei konstanten Wechselkursen.

Zurich Insurance und UBS - Kein Kommentar zu den grossen Aktienpaketen 

Beim Versicherungskonzern Zurich Insurance verkaufte ein Geschäftsleitungsmitglied gegen Ende November Aktien im Wert von 2,6 Millionen Franken. Dabei könnte es sich um den Finanzchef George Quinn handeln, dieser tritt per 1. März 2024 zurück. Nachfolgerin wird Claudia Cordioli. Zurich Insurance gilt als eines der beständigsten Unternehmen im Versicherungssektor, was Aktienverkäufe aufgrund der Geschäftslage als unrealistisch erscheinen lässt. Die Medienstelle wollte auf Anfrage von cash.ch zur Transaktion keine Stellung nehmen.

Ende November verkauften ein oder mehrere Mitglieder der UBS-Geschäftsleitung in vier Transaktionen Aktien im Wert von 3,3 Millionen Franken. Das Abstossen der Aktienpakete erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die Aktien von einer Konsolidierung im Oktober wieder in die Höhe schossen. Die UBS hat im dritten Quartal 2023 zwar einen hohen Verlust erlitten. Bereinigt um Integrationskosten schaute allerdings ein deutlicher Gewinn vor Steuern heraus. Bei der UBS wurden aber von der Teppichetage auch Aktien gekauft: Ein oder mehrere Verwaltungsräte haben die Wahl getroffen, als Bestandteil der Vergütung zusätzlich zu den zugeteilten Aktien 1,5 Millionen Franken zu investieren. Managementtransaktionen haat die UBS noch nie kommentiert, weswegen die Gründe für den Aktienhandel im Dunkeln bleiben.

Richemont - Aktionärsbindungsprogramm löst Kaufschwemme aus

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Nahostkrise, Inflation, Konsumsorgen: Die Luxusgüterbranche blickt auf äusserst stürmische Jahre zurück und das Marktumfeld bleibt für Mode-, Schmuck- und Uhrenhersteller nach wie vor von grosser Unsicherheit geprägt. Konsequenterweise haben auch die Aktien von Richemont trotz solider Zahlen dieses Jahr einige Federn gelassen.

Das diesjährige Tief an der Börse im November geht einher mit Aktienkäufen: So hat eine einem Geschäftsleitungsmitglied nahestehende juristische Person A-Aktien im Wert 15,7 Millionen Franken und B-Aktien im Wert von 103,2 Millionen Franken erworben. Dabei wurden Optionen vor dem Auslaufen ausgeübt, was Teil des aktienbasierten Aktionärsbindungsprogramms aus dem Jahr 2020 sein dürfte.

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