"Krieg und Inflation: Die meisten Marktteilnehmer haben eine derartige Situation noch nicht erlebt", sagt Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Die Börsen hätten Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre zuletzt mit solchen Einflüssen zu kämpfen gehabt.
Der russische Einmarsch ins Nachbarland hatte für ein Beben an den internationalen Finanzmärkten gesorgt - Der Swiss Market Index büsste in der abgelaufenen Woche bisweilen fast vier Prozent ein, der stärkste Tagesanstieg seit März 2020 am Freitag mit über 3 Prozent konnte die Verluste aber stark eingrenzen.
Investoren hätten Kursrücksetzer zuletzt zwar immer wieder zum Einstieg genutzt, sagt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Allerdings könnten neue politische Krisen diesem Trend ein Ende setzen. Zwischen China und Taiwan gibt es zum Beispiel ähnliche Konflikte. "Dass die als staatsnah angesehene 'Global Times' Taiwan als das 'Donezk Chinas' bezeichnet, sollten gerade die Anleger als Warnung verstehen, die auf eine Nachhaltigkeit der kurzfristigen Erholungen der Börsen setzen."
Gleichzeitig geraten die Notenbanken immer stärker in die Zwickmühle: Die politischen Krisen treiben die Rohstoffpreise und verstärken den Inflationsdruck. Diesen müssen EZB, Fed & Co mit Zinserhöhungen bekämpfen, während gleichzeitig eine Abkühlung der Konjunktur droht. "Wir gehen davon aus, dass Zentralbanken ihre restriktivere Politik fortsetzen werden, auch wenn das Ausmaß der Zinserhöhungen möglicherweise geringer ausfallen wird", prognostiziert Brian Horrigan, Chef-Volkswirt des Vermögensverwalters Loomis Sayles.
US-Arbeitsmarktbericht im Zentrum
Mit dem Monatswechsel wartet am Freitag erneut ein Konjunkturdaten-Highlight auf die Anleger: Der US-Arbeitsmarktbericht. Experten erwarten für Februar den Aufbau von 381.000 Jobs außerhalb der Landwirtschaft, knapp 100'000 weniger als im Vormonat. Einen Vorgeschmack liefern die Zahlen der privaten US-Arbeitsagentur ADP am Mittwoch. Die Gesundheit des Arbeitsmarktes ist für die Notenbank Fed ein wichtiger Faktor für ihre Geldpolitik.
Vor diesem Hintergrund warten Börsianer auch gespannt auf das "Beige Book" am Mittwoch. Vom Konjunkturbericht der Fed versprechen sie sich Rückschlüsse auf das Tempo der erwarteten Zinserhöhungen. Zeitweise hatten Investoren mehrheitlich eine Anhebung um einen halben Prozentpunkt im März erwartet. Inzwischen taxieren sie die Wahrscheinlichkeit hierfür nur noch auf gut 20 Prozent.
Da auch die Geldpolitik der Europäische Zentralbank (EZB) für reichlich Diskussionsstoff sorgt, warten Investoren gespannt auf die Inflationsdaten aus Deutschland (Dienstag) und der Euro-Zone (Mittwoch). Experten erwarten für Februar im Schnitt Werte von 5,2 beziehungsweise 5,3 Prozent im Jahresvergleich. Commerzbank-Analyst Christoph Weil hält bei Letzterem sogar 5,4 Prozent für möglich. "Die Energiepreise haben im Februar weiter deutlich zugelegt. Auch der Preisanstieg bei Lebensmittel scheint sich fortgesetzt zu haben. Grund hierfür sind neben schlechten Ernten die höheren Energiekosten bei der Produktion."
(Reuters/cash)