Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im 

Die berufliche Vorsorge, bekannt als zweite Säule, ist weniger solidarisch als die erste Säule, die AHV. Jeder spart für sich. Sie ist deshalb bei den Linken nicht sonderlich beliebt. Zudem öffnet sie Steueroptimierern Tür und Tor. Mit jeder Lohnerhöhung, allenfalls auch beim Wechsel der Stelle und definitiv bei Scheidungen entstehen Vorsorgelücken. Das heisst, es ergibt sich die Möglichkeit, zusätzliche Mittel in die Pensionskasse zu überweisen. Wer kann, lässt sich das nicht entgehen.

Verlockend ist dabei nicht nur die höhere Leistung im Alter. Schon fast betörend sind die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten. Einkäufe in die Pensionskassen lassen sich vom steuerbaren Einkommen in Abzug bringen. Das schenkt ein.

Aber eben: Nicht alle haben die finanziellen Mittel, dies zu tun. Das zeigt etwa der Umstand, dass nur eine Minderheit alle Jahre den vollen erlaubten Betrag in die Säule 3a überweist, um damit von Steuererleichterungen profitieren zu können.

Ruedi Noser ist Unternehmer und FDP-Ständerat des Kantons Zürich. Als im Ständerat Mitte Dezember die Revision des beruflichen Vorsorgegesetzes (BVG) debattiert wurde, sagte der Zürcher mit Glarner Akzent, die 2. Säule sei nichts anderes als steuerunterstütztes Sparen. Für ihn gibt es nicht nur drei Beitragszahlende, also nicht nur Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Kapitalmarkt. Für ihn gibt es noch einen Vierten: die Steuerzahlenden.

Wer viel Steuern zahlt, hat viel Geld und daher die Möglichkeit, das Pensionskassenguthaben aufzustocken und entsprechend in der Steuererklärung geltend zu machen. Noser nennt das «steuerunterstütztes Sparen». Doch Personen, die keine Steuern zahlen, hätten vom BVG nichts. Laut Noser gilt das erst recht für Personen, die später im Alter einen höheren Lohn erzielen, dafür höhere Einkommensteuern zahlen, nur um dann ihre kleine Rente auch noch zu 100 Prozent als Einkommen versteuern müssen.

Warum diese Kritik? Der Ständerat war im Rahmen der Gesetzesänderung gerade dabei, die Eintrittsschwelle zu senken, damit auch Personen mit tieferen Einkommen bei der Pensionskasse versichert sind und später neben der AHV- auch eine Pensionskassenrente erhalten, wenn auch nur eine ganz bescheidene.

«Wir machen hier ein steuerbegünstigtes Zwangssparen», sagte Noser in der Debatte. «All die Frauen im Tieflohnbereich, die Sie unterstützen wollen, bezahlen keine Steuern. Denen nehmen Sie damit nur Geld weg. Diese Frauen müssen keine Steuern bezahlen, womit sie aber auch kein Interesse haben, ins BVG einzuzahlen.»

«Päng!» kann man da nur sagen. Dass die 2. Säule ein Steuersparvehikel für Reiche ist, hören wir nicht zum ersten Mal. Nicht alle Tage hören wir dies aber aus dem Mund eines Freisinnigen. Ob diese Ehrlichkeit auch damit zu erklären ist, dass Ständerat Noser im Herbst nicht zur Wiederwahl antritt?