Das Kaufangebot der amerikanischen Private-Equity-Gesellschaft Advent International an U-Blox wurde vorletzte Woche bekannt: 135 Franken je Aktie. Daraus ergebe sich eine 53-Prozent-Prämie zum durchschnittlichen Aktienpreis der vergangenen sechs Monate sowie ein 32-prozentiger Aufschlag zum Durchschnittswert der U-Blox-Titel der 60 zurückliegenden Handelstage, schrieb das Unternehmen.
Das Management des in Thalwil ZH beheimateten Technologieunternehmens stellte sich einstimmig hinter die Offerte. Es sprach von einer äusserst attraktiven Chance für verschiedene Anspruchsgruppen, namentlich für die Aktionäre. Denn man könne die langfristigen strategischen Ziele mit grösserer Flexibilität und unterstützt durch einen starken und erfahrenen Finanzpartner verfolgen.
Nur: Der Feind des Guten ist das Bessere. Und dieses Bessere kann sich Thomas Buri, Senior Portfoliomanager der VV Vermögensverwaltung aus Zug, durchaus vorstellen.
An der Analystenkonferenz, die U-Blox zur Advent-Transaktion durchführte, zeigte er sich «enttäuscht» vom Angebot aus Übersee. 135 Franken je Aktie spiegelten den inneren Wert und das Potenzial von U-Blox in keiner Weise, so Buri.
Buri rechnete vor, wie er auf einen Wert der Aktie von 155 und mehr Franken kommt. Mit U-Blox vergleichbare Titel wiesen ein Verhältnis von Unternehmenswert zum Umsatz zwischen 4,5 und 6,5 auf. Selbst ein Vielfaches von 4,5 bis 5,0 würde einen Aktienpreis von 155 bis 177 Franken je U-Blox-Titel ergeben - und dieser Preis habe noch Aufwärtspotenzial, so der Experte.
Im Gespräch mit cash.ch führt Buri aus, U-Blox sei nach dem Verkauf des Mobilfunkgeschäfts zu einer aufgeräumten Firma mit Fokus auf das Navigationsgeschäft geworden. «Das zukünftige Potenzial liegt in ein paar Jahren bei 500 Millionen Franken Umsatz, 150 Millionen Franken operativem Gewinn (Ebit) und einer 30-prozentigen Ebit-Marge. Dieses Zukunftspotenzial wird bei einem Verkaufspreis von 135 Franken je Aktie verschenkt.»
Zur Einordnung: 2024 lag der Umsatz bei 262,9 Millionen Franken, nach 576,9 Millionen Franken im Vorjahr; 2024 resultierte ein Verlust auf Stufe Ebit von 112,2 Millionen Franken (bereinigt: Verlust von 59,6 Millionen Franken), 2023 endete mit einem Verlust von 3,4 Millionen Franken (bereinigt: Gewinn von 69,7 Millionen Franken).
155 Franken je Anteilsschein sind knapp 13 Prozent mehr als das Advent-Angebot, 177 Franken je Titel entsprechen einem 27-prozentigen Plus gegenüber der Offerte der US-Private-Equity-Gesellschaft. Die Valoren lagen ausserdem im August 2018 zum letzten Mal in der Spanne zwischen 155 und 177 Franken. Sie befanden sich damals in steilem Sinkflug.
Gegenangebote sind laut Experten möglich
Dass die Analyse von Thomas Buri zumindest teilweise stimmig ist, hat sich in den Tagen nach der Bekanntgabe des Deals gezeigt. Die Aktie befand sich phasenweise über der Marke von 138 Franken, pendelte sich auf dem erhöhten Niveau ein und ging am vergangenen Freitag bei 137 Franken aus dem Handel. Das sind zwei Franken mehr als die Advent-Offerte. Am Montag haben die Valoren im Gleichschritt mit dem Swiss Performance Index nachgegeben, hielten sich aber über der 135-Franken-Marke.
Die Kursbewegung der letzten Woche ist den Analysten nicht entgangen. Die über dem Kaufangebot liegenden Kurse könnten laut Zürcher Kantonalbank (ZKB) darauf hindeuten, «dass einige Investoren mit einem noch höheren Angebot rechnen».
Die Bank Vontobel zog das Kursziel im Nachgang zum Übernahmeangebot auf 135 von 118 Franken hoch. Dieses Preisziel ist exakt gleich der Advent-Offerte. Das Angebot der US-Gesellschaft stelle «einen erheblichen Aufschlag» dar, es bewerte U-Blox mit einem Verhältnis von Unternehmenswert zu operativem Gewinn (Ebitda) von unter 9, sofern die Thalwiler die mittelfristigen Ziele bis 2027/28 erreichen. «Gegengebote sind daher nicht auszuschliessen», führte der Vontobel-Experte aus.
Konkreter wird Buri von der VV Vermögensverwaltung. Jedes grössere Technologieunternehmen werde sich U-Blox jetzt anschauen müssen. «Ein industrieller Käufer wie Broadcom oder ST Microelectronics kann durch einen Kauf von U-Blox Synergien heben - und deshalb einen höheren Preis bieten als Advent.»
Genauere Informationen zur Transaktion sind für Mittwoch angesagt
An der Analystenkonferenz fragte Buri das U-Blox-Management, weshalb es das Unternehmen zu einer vergleichsweise tiefen Bewertung verkaufen wolle. Verwaltungsratspräsident André Müller und CEO Stephan Zizala verwiesen auf eine sogenannte Fairness Opinion. Das ist eine Stellungnahme, die ein externer Gutachter abgibt. Sie sagt aus, ob die finanziellen Parameter einer Unternehmenstransaktion angemessen sind und ob die Entscheidung für einen Abschluss im Sinne der Anteilseigner ist.
Die Fairnessmeinung zur Advent-Transaktion kam von IFBC, einer Finanzberatung aus Zürich. Sie erachtet das Angebot von 135 Franken je U-Blox-Aktie «aus finanzieller Sicht als fair», wie es in einem Report auf der IFBC-Website heisst.
Verwaltungsrat und Geschäftsleitung empfehlen den Aktionären nun, das Angebot anzunehmen. Sie verweisen dazu auf die Fairness Opinion, das externe Gutachten also, und auf den Umstand, dass der grösste Einzelaktionär, SEO Master Fund, schon eingelenkt und seinen Anteil von 9 Prozent zugesagt habe.
Alle Bedingungen der Transaktion sollen in einem Angebotsprospekt dargelegt werden. Er wird voraussichtlich am Mittwoch erscheinen. Besitzern von U-Blox-Aktien werde empfohlen, den Angebotsprospekt sorgfältig zu lesen - er enthalte wichtige Informationen, steht in der U-Blox-Medienmitteilung von vergangener Woche.
Die VV Vermögensverwaltung ist ebenfalls an U-Blox beteiligt, und zwar mit 3 Prozent des Fondsvermögens. Sie wird ihren Anteil zum Angebot von 135 Franken aber nicht andienen, wie Thomas Buri gegenüber cash.ch sagte.
Pikante Umstände des Deals
Einen spekulativen Medienbericht zu einer U-Blox-Übernahme gab es schon vor der offiziellen Information durch das U-Blox-Management. Die Gerüchte führten zu einem Kurssprung um knapp 25 Prozent binnen eines Handelstages - was in diesem Fall nicht unproblematisch ist. Denn die Schweizer Börse SIX will mit der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität von kursrelevanten Entwicklungen denselben Informationsstand - und damit gleiche Chancen - aller interessierten Marktteilnehmer gewährleisten.
Ein Fragezeichen steht auch hinter der Rolle von Karin Sonnenmoser. Sie sitzt im U-Blox-Verwaltungsrat und ist laut der U-Blox-Website zugleich Senior Advisor bei Advent International. Ob sie in den Gesprächen zur Übernahme durch die US-Private-Equity-Gesellschaft in den Ausstand getreten ist, wurde in der Medienmitteilung des Unternehmens nicht kommuniziert.