Schaut man sich den Sika-Aktienkursverlauf der letzten zwölf Monate an, zeigt sich eine gerade Linie von links unten nach recht oben. Ohne grosse Volatilität hat sich der Kurs in diesem Zeitraum um rund 55 Prozent verteuert.

Man kann den Kurschart auch über weitere Jahre strecken und bekommt ein ähnliches Bild; mit Ausnahme des Corona-Knicks im März 2020, den der Bauchemiespezialist aber ebenso gut wegstecken konnte. Sika gilt unter Analysten als echte Schweizer Qualitätsaktie, die nicht allein durch ein solides Geschäftsmodell besticht, sondern ebenso durch Wachstumsphantasien grosses Interesse auf sich zieht. 

Was viele Anlegerinnen und Anleger ins Grübeln bringt: Aktuell notiert die Sika-Aktie auf einem Allzeithoch, was seit der Corona-Erholung allerdings nur selten nicht der Fall gewesen ist.

Kursentwicklung der Sika-Aktie in den letzten zwölf Monaten, Grafik: cash.ch. 

Das Unternehmen profitiert in hohem Masse vom globalen Bauboom sowie den Trends hin zu Urbanisierung und Nachhaltigkeit. Auch bei den sogenannten langfristigen Megatrends wie dem modernen Automobilbau, der Elektromobilität oder der Leichtbauweise spielt Sika ganz vorne mit. Hier werden am Markt "langfristige Wachstumsimpulse" erwartet, wie die Helvetische Bank schreibt. 

Sika eine wahre Cash-Maschine

Vor zehn Tagen publizierte das Unternehmen mit Sitz in Baar Geschäftszahlen für das erste Halbjahr, die den hohen Erwartungen mehr als gerecht wurden. Im ersten Halbjahr 2021 konnte Sika ein Umsatzwachstum von 22,4 Prozent zeigen. Wichtig ist aber: Auch gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 steht ein Plus von 11,3 Prozent. Dies zeigt, dass das hohe Wachstum nicht allein dem Basiseffekt geschuldet ist, der Vergleiche durch den Coronaschock von Anfang 2020 oft schwierig macht. 

Sikas Zahlen offenbarten zudem eine erstaunlich hohe Profitabilität. Zwar führten steigende Rohmaterialkosten zu einer leicht sinkenden Bruttomarge von 53,3 Prozent (Vorjahr: 54,6 Prozent). Dank der hohen Auslastung der Fabriken sowie Effizienzsteigerungen bei Produktionsabläufen und Synergien aus Akquisitionen konnten die negativen Effekte allerdings mehr als kompensiert werden. So stieg die Ebit-Marge, also die dem Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern zugehörige Marge um zwei Prozentpunkte auf 15,4 Prozent. Darunter steht ein knapp 80 Prozent höherer Reingewinn von 494,5 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr. 

Bewertung: Qualität ja, aber zu welchem Preis? 

Also alles gut beim Bauchemiespezialisten? Vielleicht, wäre da nicht die Bewertung. Durchforstet man die Analystenstimmen zu Sika, fällt auf: Sika wird zwar durchs Band als Top-Unternehmen gefeiert, doch der hohe Kurs sorgt vielerorts für Bauchschmerzen. Manish Beria von Société Générale bezeichnet Sika zwar als "einen der überzeugendsten Wachstums-Werte in meiner Abdeckung". So seien Sikas Geschäfte durch die massgebenden Trends getrieben. Zudem dürfte die Rohmaterial-Inflation auch künftig durch die Preissetzungsmacht des Unternehmens neutralisiert werden. Aber: Wegen der bereits anspruchsvollen Bewertung existiere nicht viel Raum für Neueinstufungen, kommt Beria zum Schluss. Immerhin liegt sein Kursziel von 335 Franken noch immer 5 Prozent über dem aktuellen Kurs. 

Ähnlich äussert sich Philipp Lienhardt, Analyst von Julius Bär. Laut ihm habe Sika zwar starke Halbjahreszahlen vorgelegt und zudem die Umsatzwachstumsguidance für 2021 erhöht. "Die derzeitige Bewertung der Aktie ist historisch gesehen jedoch hoch", so Lienhardt. Mit 330 Franken liegt sein Kursziel immerhin noch leicht höher als der aktuelle Preis der Aktie. Etwas optimistischer äussert sich die Credit Suisse. Zuversichtlich für die Zukunft stimmt Analyst Patrick Laager, dass Sika den Gegenwind in Form von höheren Rohstoffpreisen dank Preiserhöhungen kompensieren konnte. Er setzt ein Zwölf-Monats-Ziel von 346 Franken, was 8,5 Prozent Kurspotenzial verspricht. 

Noch optimistischer ist HSBC-Analyst John Fraser-Andrews. "Die Zahlen zum ersten Semester haben eine vorteilhafte Verschiebung bei den Umsatz-Megatrends gezeigt", schreibt er. Daher habe er seine EBIT-Schätzungen für die kommenden zwei Jahren angehoben, die jetzt über dem aktuellen Konsens liegen. Mit einem Kursziel von 400 Franken sieht Fraser-Andrews 25 Prozent Kurspotenzial. 

Was sollten Anlegerinnen und Anleger tun? 

Bei der Frage, ob man jetzt einsteigen soll oder nicht, bringt es die Helvetische Bank in einem Kommentar passend auf den Punkt: "Das einzig negative Argument bezüglich des Investment Case von Sika ist die Bewertung." Dem kann man entgegnen: In diesen Zeiten, die von Niedrigzinsen und Alternativlosigkeit zu Aktien geprägt sind, wird praktisch immer und überall über zu hohe Bewertungen geklagt. Ein 2021er-KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 45 ist in der Tat nicht billig, doch Qualität ist aktuell nicht ohne Preisaufschlag zu haben. 

Aktuell spricht kaum etwas dafür, dass die Sika-Aktie in stärkere Turbulenzen geraten könnte. Das Unternehmen ist eine langfristige Wachstumsmaschine, die auf einem sehr robusten Fundament steht. Dafür spricht auch der der operative Cashflow, der mit knapp 320 Millionen Franken eine Rekordhöhe erreicht hat. In der Vergangenheit hat Unternehmen stets Innovationskraft und Produktqualität bewiesen, hinzu kommt die äusserst starke Marktpositionierung. 

Manchmal lohnt es sich, nicht ewig auf Rückschläge zu warten oder den nächsten Turnaround-Kandidaten finden zu wollen. Wenn die Qualität stimmt und hinter dem Kursanstieg fundamentales Wachstum steckt, kann man als Anlegerin oder Anleger auch mal auf einen bereits fahrenden Zug aufspringen.